Ein 74-Jähriger hat sich am Mittwoch am Landesgericht Innsbruck wegen des Vorwurfs des schweren sexuellen Missbrauchs Unmündiger verantworten müssen. Er soll im Sommer 2009 als Feriencamp-Leiter am Achensee einen neunjährigen Buben missbraucht und sich damit auch des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses schuldig gemacht haben. Der Angeklagte war im Ermittlungsverfahren nicht geständig, vor Gericht bekannte er sich neuerlich "nicht schuldig". Der Prozess wurde vertagt.
Vor der Vertagung war von Richter Norbert Hofer für die Videoeinvernahme des mutmaßlichen Opfers der Ausschluss der Öffentlichkeit ausgesprochen worden. Damit wolle man den mittlerweile volljährigen Mann schützen, betonte der Richter. Zur Vertagung auf den 13. Dezember kam es im Anschluss dann schließlich deshalb, weil die DVD mit der aufgezeichneten Einvernahme nicht eingelangt war.
"Horrorgeschichte"?
Der Angeklagte und damalige Camp-Leiter hatte zuvor die Missbrauchsvorwürfe als "unmögliche Sachen" bezeichnet. "Ich habe das ganz sicher nicht getan", beteuerte er. Es sei vielmehr denkbar, dass sich der besagte Missbrauchsvorfall "in der Kindheit" des Betroffenen ereignet habe und dieser diesen dann fälschlicherweise im Ferienlager am Achensee verortet habe. "Dass das am Achensee passiert sein soll, halte ich für eine Horrorgeschichte", so der in Wien lebende Pensionist.
Die Staatsanwältin hatte zu Prozessbeginn hingegen keinen Zweifel daran gelassen, dass das mutmaßliche Opfer "absolut glaubwürdig ist" und sich der Vorfall am Achensee tatsächlich ereignet habe. "Es gibt schlicht keinen anderen plausiblen Grund, warum dieser den Angeklagten jetzt nach so vielen Jahren so massiv belasten sollte", betonte die öffentliche Anklägerin. Die Verteidigerin des Angeklagten zeichnete hingegen ein anderes Bild: "Man muss sich sehr wohl fragen, ob die Erinnerung des Betroffenen verlässlich ist". Es sei definitiv denkbar, dass dieser schlicht "eine falsche Erinnerung kreiert hat".
Zeugin entlastet Angeklagten
Eine Zeugin, die am Ferienlager am Achensee als Pädagogin mit dabei war, entlastete den Angeklagten und bezeichnete ihn als vertrauensvollen Camp-Leiter. Er sei stets sehr vorsichtig und angemessen mit den Kindern umgegangen und auch das Sitzen auf seinem Schoß sei schon "zu viel gewesen". Die Vorwürfe gegen ihn seien deshalb für sie "ein Schock", so die Zeugin.
Laut Anklageschrift hat sich der 74-Jährige - nach vorangegangenem schwerem Missbrauch in der Nacht durch einen Betreuer - am darauffolgenden Morgen ebenfalls an dem Burschen vergangen. Der Betreuer ließ sich von der Justiz indes nicht mehr ausforschen.
In einer schriftlichen Stellungnahme hatte der Angeklagte angegeben, nie jemanden missbraucht zu haben oder "gegen die sexuelle Integrität ihm anvertrauter Kinder und Jugendlicher gerichtete Handlungen" gesetzt zu haben. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft attestierte dem mittlerweile erwachsenen Mann, der den Sachverhalt erst viele Jahre später zur Anzeige brachte, jedoch einen "äußerst glaubwürdigen Gesamteindruck".