Wie wahrscheinlich ist es nun, dass es in Österreich dunkel wird – und für lange Zeit bleibt? Im öffentlichen Meinungsklima ist die Sorge vor einem Blackout präsenter denn je. TV-Serien und Dokus widmen sich dem Szenario großflächiger Stromausfälle, Supermärkte bieten inzwischen sogar eigene Blackout-Versorgungspakete samt Gaskocher und Wasserfilter an.
Die österreichischen Stromnetzbetreiber verfolgen die Diskussionen mit Skepsis. "Es werden derzeit viele Horrorszenarien gezeichnet. Zum Glück schaut die Realität aber anders aus", sagt Brigitte Ederer von der Netzbetreiberplattform Forum Versorgungssicherheit. Zwar könne ein längerer überregionaler Stromausfall nie zu hundert Prozent ausgeschlossen werden. "Aber wir haben eine sehr gute Netzversorgung, sodass man nicht davon ausgehen muss", sagt Ederer.
Geringe Ausfallszeiten
Ableiten lässt sich das auch aus einer Studie, die das Parlament heuer beim Institut für Technikfolgenabschätzung und dem Austrian Institute of Technology in Auftrag gegeben hat. Demnach ist ein Blackout heute trotz steigender Komplexitäten in der Stromversorgung nicht wahrscheinlicher als in vergangenen Jahrzehnten. Bei den jährlichen Ausfallszeiten pro Zählpunkt liegt Österreich mit zuletzt durchschnittlich 23 Minuten unter den besten fünf Staaten Europas.
Dass das Thema Blackout in der Öffentlichkeit dennoch so präsent geworden ist, führt Thomas Maderbacher, Geschäftsführer der Wiener Netze, auch auf die starke Durchdringung aller Lebensbereiche mit elektrischem Strom zurück. "Früher ist man auf einen gewöhnlichen Stromausfall vielleicht nur deshalb irgendwann aufmerksam geworden, weil der Radiowecker blinkt. Heute merkt man das in der Sekunde, von elektronischen Geräten, die nicht mehr funktionieren, bis hin zu automatischen Supermarkttüren, die sich nicht mehr öffnen."
"Keine Frage des Schicksals"
Dazu kommen als unsicher empfundene Zeiten, die die Sorge vor Sabotageakten oder extremen Wetterereignissen anheizen. Beides sei grundsätzlich als Blackout-Ursache denkbar, sagt Maderbacher. "Allerdings haben wir in 70 Jahren in Europa keinen echten Blackout erlebt. So etwas ist keine Frage des Schicksals. Das Risiko wird in der Öffentlichkeit viel stärker wahrgenommen, als es tatsächlich ist." Trotz dieses Umstands haben nur die wenigsten privat für den Fall der Fälle vorgesorgt. Gerade 16 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben laut einer Spectra-Umfrage aus dem Juni die empfohlenen Lebensmittel- und Getränkerationen für 10 bis 14 Tage sowie Taschenlampen und Batterieradios zu Hause. Der österreichische Zivilschutzverband hat die entsprechenden Ratgeber erst im September neu aufbereitet.
Der Zukunft sehen die Stromnetzbetreiber trotz guter Ausgangslage mit gemischten Gefühlen entgegen. "Mit den wachsenden Erzeugungsmengen von Fotovoltaik- und Windkraftstrom müssen Netze und Netzbetrieb adaptiert werden", sagt Maderbacher. Neben rascheren Genehmigungsverfahren und klaren Flächenwidmungen für Energieprojekte wünschen sich die Versorger mehr Eingriffsmöglichkeiten ins Erzeuger- und Verbraucherverhalten – vom Laden der Elektroautos bis zur Einspeisung von Ökostromanlagen.