Ein seit Jahren an paranoider Schizophrenie leidender Mann, der im Zuge einer akuten Psychose im Februar eine zweifache Mutter in ihrem Haus in Wien-Donaustadt fast getötet hätte, ist am Donnerstag von einem Schwurgericht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Die Entscheidung ist bereits rechtskräftig. "Ich war ziemlich verwirrt damals", meinte der 35-Jährige vor Gericht, wollte aber keine weiteren Angaben machen.

Der psychiatrische Sachverständige Siegfried Schranz hält den Mann für derart gefährlich, dass seinem Gutachten nach ohne eine Unterbringung im Maßnahmenvollzug erneut "Straftaten mit schweren Folgen, wie insbesondere schwere Körperverletzungen mit Todesfolge oder sogar Mord, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten sind". Auch eine Woche nach dem Vorfall war der 35-Jähriger immer noch "verworren und derealisiert". Der Mann befand sich im Vorfeld mehrmals in stationärer Behandlung und wurde auch vom Psychosozialen Dienst betreut. Krankheitseinsichtig war er allerdings nicht. Immer wieder brach er die Behandlungen vorzeitig ab, nahm seine Medikamente unregelmäßig oder gar nicht. Erst kurz vor dem Übergriff verließ er das Krankenhaus, weil er sich angeblich um seine tropfende Therme kümmern musste.

Am 15. Februar um 4.40 Uhr brach er in das Einfamilienhaus ein, weil er etwas zu essen haben wollte. Für die Mutter und ihre zwei Kinder begann ein Albtraum. "Ich habe das Licht im Wohnzimmer brennen lassen, in der Annahme, dort wo Licht brennt, wird nicht eingebrochen", berichtete die 42-Jährige der Schwurgerichtsvorsitzenden Claudia Zöllner. Als sie durch das Einschlagen der Scheibe geweckt wurde, dachte die Frau zunächst, die Katze hätte etwas hinuntergeschmissen. "Aber der Lärm war so intensiv und anhaltend, mir war sofort bewusst, jemand ist da. Er hat sich angehört wie ein Elefant im Porzellanladen." Die Frau alarmierte die Polizei, die ihr riet, sich zu verstecken. Mit dem neunjährigen Sohn an der Hand versuchte sie zum versperrbaren Badezimmer zu kommen, am Weg wollte sie noch ihre Tochter aus dem Nebenzimmer holen. Doch plötzlich stand der Eindringling mit erhobenem Messer vor ihr.

Die Frau bot ihm Geld an und hoffte, er würde dann das Haus verlassen. Stattdessen stach der Mann an die 20 Mal in Richtung der Frau. Trotz schwerster Verletzungen konnte sie sich noch mit dem Buben zurück ins Schlafzimmer retten, wo sie sich mit dem 35-Jährigen einen erbitterten Kampf lieferte, weil dieser immer wieder durch einen Türspalt zustach. "Er hat kein Wort gesagt", meinte die Frau, auch habe der Eindringling keine Reaktion gezeigt. "Er war wie ein Roboter." Der Gesichtsausdruck sei fahl gewesen und die Augen hätten nicht fokussiert. Irgendwann habe sie aufgehört zu schreien und "fast mütterlich zu ihm gesagt, jetzt kommt die Polizei, du musst weglaufen". Erst dann ließ der Mann von der Frau ab und verließ das Haus. Er wurde wenig später auf einem nahe gelegenen Grundstück festgenommen. Die Mutter und ihre Kinder versteckten sich bis zum Eintreffen der Polizei auf dem Dachboden.

Die Kinder blieben körperlich unversehrt, doch befinden sie sich wie ihre Mutter aufgrund der massiven psychischen Folgen in Behandlung. "Das hat die Familie schon sehr verändert", meinte die 42-Jährige. Zu dem Angebot der Eltern des 35-Jährigen, der Frau 3000 Euro zur Schadenswiedergutmachung zukommen zu lassen, meinte die Frau: "Es wäre besser, die Eltern stecken das Geld in die Therapie ihres Sohnes."

Der Anwalt des 35-Jährigen, Manfred Arbacher-Stöger, erklärte, sein Mandant wüsste nicht mehr, warum und weshalb er es getan habe. "Er kann sich nicht erinnern", sagte der Verteidiger. "Es ist das Schrecklichste, was ich der Familie hab' antun können", meinte der Betroffene. Sechs zum Teil lebensgefährliche Verletzungen hatte die Frau laut dem medizinischen Gutachter Wolfgang Denk erlitten. Diskretions- und Dispositionsfähigkeit waren allerdings zum Tatzeitpunkt nicht mehr gegeben, aufgrund seiner Zurechnungsunfähigkeit war dem 35-Jährigen das Anlassdelikt – versuchter Mord – deshalb nicht vorzuwerfen.