Hitze, Tornados und Rekord-Hagel. Worauf müssen wir uns in den nächsten Jahren noch einstellen?
HELGA KROMP-KOLB: Das Wetter wird extremer werden, das ist klar. Ob die Zahl der Tornados bei uns zunehmen wird, lässt sich nicht sagen. Einer der simpelsten Faktoren ist die Hitze, hier geht die Kurve klar nach oben. Das bedeutet nicht nur, dass es heißer wird, es wird auch länger heiß sein. Die Folgeerscheinungen reichen von steigender Belastung für Menschen oder Tiere über wachsenden Energiebedarf, Nahrungsmittelunsicherheit, zunehmenden Stress für unsere Strom- und Versorgungsnetze bis hin zu permanenter Unbewohnbarkeit ganzer Erdteile. Immer extremeres Wetter ist eindeutig auf den Klimawandel zurückzuführen.

Trägt extremes Wetter vor unserer Haustüre dazu bei, dass wir die Klimakrise ernster nehmen?
Zumindest können wir nicht mehr sagen: Das ist weit weg, was geht mich das an? Wir müssen erkennen, dass hier gar nichts mehr weit weg ist. Dürren und Ernteausfälle betreffen uns genauso, auch wenn es in anderen Teilen der Welt bereits viel deutlicher spürbar ist. Zecken breiten sich genauso aus wie exotischere Viren, die zuvor bei uns nicht vorkamen. Europa hat keine Sonderstellung, nur weil manche Auswirkung der Klimakrise verspätet auftritt. Ich glaube, viele verstehen noch immer nicht, dass sich die Klimakrise exponentiell entwickelt. Wenn es bei uns durchschnittlich zwei Grad wärmer ist, sind die Auswirkungen mitunter dramatisch, aber wenn noch zwei Grad dazukommen, sind die Folgen nicht doppelt so dramatisch, sondern noch viel schlimmer.

Das klingt nicht gut.
Nein, aber wenn sie einen positiven Aspekt an der Sache suchen: Noch haben wir es in der Hand und können diese Entwicklung bremsen. Dafür muss aber noch deutlich mehr getan werden als bisher.

Klimapolitik wird immer wichtiger, aber was können Einzelne tun, um sich gegen extremes Wetter zu wappnen?
Was das eigene Zuhause betrifft, geht es nicht mehr nur um (Energie)-Effizienz, sondern immer mehr auch um Resilienz. Begrünte Fassaden bieten etwa guten Schutz vor Hitze, Sandsäcke oder Schwellen im Keller helfen gegen Überschwemmungen. In Zukunft wird wohl interessant sein, welches Dach starkem Hagel standhält, oder ob Solar- oder Fotovoltaik-Anlagen auf Dächern robust genug sind. Es gibt einiges, was man im Kleinen tun kann, um sich zu wappnen. Letztlich liegt es aber an der Politik und ihren Maßnahmen, ob wir und unsere Nachfahren auch in Zukunft noch einen lebenswerten Planeten haben werden.

Was sollte auf übergeordneteren Ebenen getan werden, um sich zu schützen?
Besonders anfällig sind wir bei der Energieversorgung. Hier müssten unsere Netze dezentraler werden. Die Gefahr von großen Blackouts ist jedenfalls da. Wenn Kraftwerke offline gehen und die Versorgung zusammenbricht, wird das Wiederhochfahren aus technischer Sicht eine große Herausforderung werden. Auch beim Bahnverkehr muss man sich genau überlegen, wo man ausbaut und wie man die Leitungen vor Umwelteinflüssen ausreichend schützen kann.

Sehen Sie die Klimapolitik auf einem guten Weg?
Wir müssen vieles neu denken, um echte Veränderungen zu bewirken. Die Pandemie wäre eine gute Gelegenheit dafür gewesen – das ist sie noch immer. Aber ich denke, dass viele einfach nur zurück zum Status quo wollen. Hier sind Entscheidungsträger oft zu konservativ, und die Strukturen noch konservativer – jedenfalls bei uns. Dabei bräuchten wir Mut und Kreativität, um diese Herausforderungen zu bewältigen.