Etwa 30 Schafe sind am Wochenende im Bundesland Salzburg mutmaßlich einem der wenigen großen Beutegreifer zum Opfer gefallen, den es in unseren Wäldern und Bergen gibt - dem Wolf. Mutmaßlich, weil das Ergebnis der DNS-Untersuchungen noch aussteht. 

Auf einer Alm in Rauris wurden rund 20 getötete Schafe entdeckt, auf einer Alm im Stubachtal sollen es acht bis zehn Schafe sein, und in Mittersill wurde ein totes Schaf im Bereich eines Hofes und ein weiteres auf einer Alm gefunden. Risse von Schafen und anderen Nutztieren kommen immer wieder vor, seit es wieder wilde Wölfe in unseren Breiten gibt. Diese Häufung ist jedoch bemerkenswert.

Für Robert Zehentner, Schafzüchter und Senior-Chef der Tauernlamm-Genossenschaft, jedenfalls Anlass genug, um die Politik erneut und lautstark zum Handeln aufzurufen. Er fordert, dass das EU-weit geschützte Tier aus der sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie herausgenommen wird - und damit zum Abschuss freigegeben wäre. Man könne beim Wolf nicht mehr von einer gefährdeten Art sprechen, die jüngsten Vorfälle bezeichnet Zehentner gegenüber dem ORF als "Fortsetzung einer Katastrophe für die heimischen Schafbauern."

Tatsächlich gibt es nach offiziellen Angaben der EU bereits rund 23.000 Wölfe im mitteleuropäischen Raum, in Österreich gibt es laut WWF-Sprecher Florian Kozak derzeit rund 40 Tiere. In fast allen Nachbarstaaten sind die Populationen noch deutlich größer, was auch für Österreich wachsende Populationen bedeutet. Doch ein Aufheben oder Herabsetzen des Schutzes ist in naher Zukunft äußerst unwahrscheinlich. Und auch nicht unbedingt notwendig: Problemtiere können auch jetzt jederzeit entnommen werden.

Aus den Büros von Thomas Waitz (Grüne) und Simone Schmiedtbauer (ÖVP) heißt es dazu: Die EU wird den Schutzstatus der Wölfe in absehbarer Zeit nicht ändern. Mehr Konsens der beiden EU-Abgeordneten gibt es nicht. Laut Waitz ist der Wolf in Österreich nach wie vor gefährdet - sein Schutz weiter notwendig. Er sieht Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger in der Pflicht, bereitstehende EU-Gelder anzuzapfen, um etwa den Herdenschutz auszubauen. Laut Schmiedtbauer ist der Wolf hingegen nicht mehr gefährdet. Zu EU-Geldern heißt es: "Aus diesem Fördertopf bestreiten wir in Österreich großteils Programme, die Klima und Umwelt zugutekommen. Diese Gelder für Herdenschutz umzuschichten und dabei unsere wertvollen Umwelt- und Klimaambitionen hintanzustellen ist absurd." 

Waitz verweist darauf, dass Österreich in der Vergangenheit die möglichen EU-Mittel für Schutzmaßnahmen bei Weitem nicht in vollem Umfang abgerufen habe und damit unseren Landwirten einen "Bärendienst" erweise. 

Kozak teilt jedenfalls die Forderung heimischer Schafbauern: Es muss endlich Bewegung in die Wolf-Politik kommen. Der WWF fordert seit Jahren eine Attraktivierung des Hirtenberufs und weitere Herdenschutzmaßnahmen. Und natürlich dürften unsere Bauern mit Mehrkosten nicht alleine gelassen werden, bringt auch er die erwähnten Fördergelder ins Spiel.

Und: Professioneller Herdenschutz hielte ja nicht nur Wölfe fern, die Herde würde auch vor Krankheit oder Unfällen besser geschützt. 8000 Schafe verenden jedes Jahr deswegen, Wölfe würden hingegen "nur" einige Dutzend reißen. Dazu wären Wölfe auch eine Art "Gesundheitspolizei", von der eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren profitiere. Kozak rät zu einem Blick in die Schweiz oder nach Rumänien, wo die Zahl der gerissenen Tiere im Verhältnis mit der wachsenden Wolfspopulation kontinuierlich zurück gehe, weil der Herdenschutz dort ernst genommen werde. "Wir müssen das Rad nicht neu erfinden", sagt er. "Aber der Wolf wird uns in den kommenden Jahren jedenfalls erhalten bleiben - ob wir wollen, oder nicht."