Die Entscheidung, ob der unter Missbrauchsverdacht stehende ehemalige Sportler Peter Seisenbacher in Untersuchungshaft genommen wird, ist weiter offen. Der Akt befand sich bei der Staatsanwaltschaft, die diesbezüglich einen Antrag stellen dürfte. Die Entscheidung, ob über den österreichischen Ex-Judoka Peter Seisenbacher Untersuchungshaft verhängt wird, fällt allerdings erst am Samstag, sagte Gerichtssprecherin Christina Salzborn im Gespräch mit der APA. Somit wird der Beschluss nicht von dem für das Verfahren zuständigen Richter, sondern von einem Journalrichter gefällt.
Der österreichische Ex-Judoka war am Donnerstag von der Ukraine aufgeliefert worden. Er wurde auch am Freitag weiterhin in der Justizanstalt Josefstadt angehalten. Binnen 48 Stunden nach Einlieferung muss über die Untersuchungshaft entschieden werden. Seisenbachers Anwalt Bernhard Lehofer befand sich am Freitag bereits im Grauen Haus.
Fast drei Jahre lang entzog sich Seisenbacher der Justiz, nachdem er Ende 2016 kurz vor seinem Prozess in Wien außer Landes flüchtete. Die Verhandlung hätte am 19. Dezember 2016 am Straflandesgericht stattfinden sollen. Alle waren gekommen, nur der Beschuldigte tauchte nicht auf. In weiterer Folge wurde er mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Zwei mutmaßliche Opfer
Dem zweifachen Olympiasieger wird vorgeworfen, in seinem Wiener Judo-Verein zwischen 1997 und 2004 zwei im Tatzeitraum jeweils unmündige Mädchen missbraucht zu haben. Eine weitere Jugendliche wehrte ihn laut Anklage ab, als er zudringlich wurde - die Staatsanwaltschaft hat dieses Faktum als versuchten Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses angeklagt. Seisenbacher hat sich zu den Anschuldigungen bisher nicht öffentlich geäußert. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
Seisenbacher tauchte schlussendlich in der Ukraine unter, am 1. August 2017 wurde er in Kiew festgenommen. Österreichs Justiz bemühte sich 2017 vergeblich um eine Auslieferung von Seisenbacher, weil die inkriminierten Delikte nach ukrainischem Recht bereits verjährt waren. Seisenbacher wiederum stellte einen Asylantrag, der aber von der Ukraine im November 2017 abgelehnt wurde. Abgesehen vom negativen Asylbescheid gab es seit Herbst 2017 bereits eine aufrechte Verpflichtung zur Ausreise gegen Seisenbacher.
Dann dürfte der Österreicher zwei Mal versucht haben, mit gefälschten Dokumenten - sein österreichischer Reisepass war eingezogen worden - aus der Ukraine zu flüchten. Am 11. Februar 2018 wollte Seisenbacher in Odessa mit einem falschem Reisedokument ausreisen. Er wurde damals gefasst und nach kurzer Haft wieder auf freien Fuß gesetzt.
Abschieben nun möglich
Am vergangenen Samstag erfolgte der nächste Versuch. Mit einem gefälschten österreichischen Pass wollte von Lwiw aus über die polnische Grenze. Erneut wurde Seisenbacher erwischt und in Haft genommen. Nun entschied die ukrainische Grenzpolizei, den Österreicher in seine Heimat abzuschieben. Denn das war nun seit dem Frühjahr möglich, nachdem die Ukraine ein Zusatzprotokoll des europäischen Auslieferungsübereinkommens ratifiziert hatte. Seisenbacher wollte nach seiner Inhaftierung nunmehr aber auch freiwillig nach Österreich zurückkehren und bat dafür das österreichische Konsulat um Hilfe. Zwei Zielfahnder des Bundeskriminalamtes reisten somit nach Lwiw und übernahmen den Ex-Judoka am Donnerstagnachmittag.
Das Missbrauchsverfahren war nach Seisenbachers Flucht abgebrochen worden und kann jederzeit formlos fortgesetzt werden, wie Gerichtssprecherin Christina Salzborn erklärte. Strafrechtlich hat Seisenbachers Flucht keine Auswirkung. Sie ist im Falle einer Verurteilung kein Erschwernisgrund. Im Falle eines Schuldspruches drohen Seisenbacher ein bis zehn Jahre Haft.