Das letzte Fest des Lebens ist gefeiert: Mit einer apokalyptischen Zirkusshow unter dem Motto "United in Diversity" mit Happy End im Land jenseits des Regenbogens verabschiedete sich Gründer Gery Keszler am Samstagabend beim letzten Life Ball im Wiener Rathaus von seinen Besuchern. Bürgermeister Michael Ludwig(SPÖ) sprach sich dafür aus, dass die "Idee des Life Balls" weiter bestehen muss.

Gegen die Stille der Arroganz

"Der Life Ball ist eine Erfindung von so vielen Herzen", sagte Keszler in seiner tränenerstickter Rede. Das Event sei "gegen die Stille der Arroganz ein Chor der Lebendigkeit. "Wir haben einen Leuchtturm der Lebensfreude gebaut." Keszler versprach: "Wir werden uns hier, am Wiener Rathausplatz, wiedersehen: wenn es das Ende von Aids zu feiern gibt. Das Leben darf siegen."

Der Auftakt der Abschiedsshow war dunkel: Nach der Verzweiflungs-Arie Bajazzo aus "I Pagliacci" gesungen von Piotr Beczala zog eine Gruppe von Horrorclowns, Freaks und Zirkusartisten gemeinsam mit den Debütanten mit Clownsköpfen über den Roten Teppich in Richtung Bühne. Begleitet wurden sie von Conchita Wurst in einer Rocky-Horror-Picture-Show-Variante eines Zirkusdirektors - samt Tiefschutz mit Nieten. "Ja, die menschliche Spezies treibt wunderbare Blüten. Sehen Sie das Leben in all seiner Pracht", begrüßte der Direktor die Gäste.

Kurzer Stromausfall

Nach einem kurzen Stromausfall änderte sich die Stimmung: Nachdem Keala Settle mit der Outcast-Hymne "This is me" noch einmal die Botschaft von Toleranz und Gleichberechtigung in die Menge geschrien hat, erinnerte der Life Ball an die Stonewall-Aufständein New York , den Startpunkt der Lesben- und Schwulenbewegung vor 50 Jahren. Dann dominierten die Regenbogenfarben den Abend - auch da in Wien derzeit EuroPride, das größte Event der europäischen LGBTIQ-Community, stattfindet.

Bürgermeister Michael Ludwig würdigte dann das bis "zur Selbstaufgabe" gehendes Engagement von Life Ball-Gründer Keszler. "Ich bin stolz Bürgermeister einer Stadt zu sein, in der ein Viertel Jahrhundert der Life Ball stattgefunden hat", sagte der Bürgermeister. Der Ball habe 30 Millionen Euro gesammelt und dafür gesorgt, dass "hunderttaussende Menschen die Krankheit nie erleiden mussten". Daher will Ludwig die Veranstaltung auch nicht aufgeben: "Ich bin ganz sicher, die Idee des Life Balls muss weiter bestehen, weil wir den Life Ball brauchen auch in Zukunft. Ich bin bereit dazu, der Life Ball muss weitergehen".

Die Reise setzte sich dann im Land hinter dem Regenbogen fort, wo jeder Leben kann wie er will. Hier traten auch die Stargäste Katie Holmes, Dianne Brill, der Muse von Künstler Andy Warhol, sowie der Tänzern Dita von Teese ihre Auftritte. Holmes kam in ihrer Rolle als amfAR-Botschafterin (The Foundation for Aids Research, Anm.) zum Ball. Sie bedankte sich für das "viele Geld", das die Organisation vom Life Ball bekommen hat, womit vor allem von Aids betroffenen Kinder profitiert hätten. Man müsse nun zusammenhalten, bis die "Geisel Aids" besiegt ist. Den Abschluss fand Jungdesigner Christian Cowan mit seiner sehr 1980er-Jahre lastigen Modeschau in Neon, Glitzer und Transparenz, der etwa die treue Life Ball-Besucherin Dagmar Koller in knallendem Grün kleidete.

Paradiesvögel, Promis und Selbstdarsteller

Für Paradiesvögel, Promis und Selbstdarstellern bot der Life Ball noch einmal eine große Bühne. Dass es die finale Show war, trübte die Stimmung natürlich ein wenig - doch viele Besucher waren sich sicher, dass der Life Ball weitergehen wird.

Viele Besucher ließen sich bei ihrer Verkleidung vom "Zirkus-Motto" inspirieren: Der Rote Teppich hin zum Rathaus war bald von Horrorclowns, sexy Artisten, strengen Direktoren und aufreizenden Tierchen - mitunter auch an der Leine - bevölkert. "Es ist eine Schande, dass es zu Ende geht", brachte es Roncalli-Chef Bernhard Paul auf den Punkt. Seine Tochter Vivi, die am Abend noch am Trapez schwang, beteuerte auch: "Wenn es wieder einen Life Ball gibt, bin ich die erste, die dabei ist".

Conchita will nicht übernehmen

Über den Roten Teppich stolzierte auch Conchita Wurst, die später als Zirkusdirektor durch den Abend führte. Sie räumte mit dem Gerücht auf, dass sie vielleicht den Life Ball übernehmen würde. "Wir haben im Spaß darüber geredet", aber auf die Frage, ob sie die Organisation übernehmen würde, meinte sie definitiv: "Nein!", sagte sie der APA. Aber natürlich bedauerte sie, dass zahlreiche Aids-Organisationen nun weniger Mittel zu Verfügung haben.

Vor dem Einlass fand wie üblich die "Life+ Solidarity Gala" statt, bei der wertvolle Objekte rund um den Life Ball versteigert werden. Stargast Katie Holmes nahm ebenso daran teil, wie Schauspielerin Nastassja Kinski. Lindsay Lohan hatte ihren Auftritt kurzfristig abgesagt.

Neben den Superstars kamen vor allem viele Stammgäste wie Uwe Kröger, Chris Lohner oder Dagmar Koller, um dem Ball Adieu zu sagen. Schlechte Neuigkeiten hatte Astrologin Gerda Rogers parat: "Die Sterne sagen, es ist der letzte Life Ball. Gery Keszler ist ein Löwenmann und wenn der etwas sagt, dann bleibt das auch so".