Der Zivilprozess nach der tödlichen Kuh-Attacke auf eine 45-jährige Deutsche im Juli 2014 im Tiroler Stubaital ist am Montag am Landesgericht Innsbruck weiter verhandelt worden. Das Verfahren soll morgen, Dienstag, fortgesetzt werden. Die Hinterbliebenen hatten den Landwirt auf Schadenersatz geklagt. Sie warfen ihm vor, gegen die Sorgfaltspflicht eines Tierhalters verstoßen zu haben.

Zwei von drei Zeugen bestätigten, dass vor der Weide entsprechende Warn- bzw. Hinweisschilder, die auf die Mutterkuhhaltung hinwiesen, angebracht waren, wie es auch der Landwirt stets beteuert hatte. Eine Zeugin, die am Tag des Unfalls ebenfalls mit ihrem Mann, vier Kindern und zwei Hunden auf dem selben Wanderweg unterwegs war, berichtete, dass auch sie von den Kühen angegriffen worden waren. Diese Attacke war jedoch glimpflich ausgegangen.

Zuvor bereits in Aufruhr

Durch jenen Vorfall seien die Kühe, bevor sie auf die 45-jährige Deutsche losgingen, bereits in Aufruhr gewesen, meinte ein Gutachter vor Gericht. "Es ist vorstellbar, dass wenn das Ereignis zuvor nicht gewesen wäre, die Frau mit ihrem Hund ohne Probleme über die Alm hätte gehen können", erläuterte der Gutachter. "Die Tiere sind deshalb so ansatzlos in Aggression übergegangen, weil die Herde 30 Minuten vorher in höchste Aufregung versetzt wurde", so der Sachverständige weiter.

Eine Zeugin hatte zuvor von dem Vorfall mit der italienischen Familie berichtet. Der kleine Hund der Gruppe sei sehr "unangenehm und aufgeregt" gewesen, berichtete die Frau. "Wir, also mein Mann, meine drei Söhne und ich, haben extra Abstand zu der Familie gehalten", sagte die Zeugin.

Der Gutachter bestätigte jedenfalls, dass der beklagte Landwirt den Sorgfaltsanforderungen nachgekommen sei. Auch bei einem Lokalaugenschein am Hof des Bauers konnte er kein auffälliges Verhalten bei den Kühen feststellen, so der Sachverständige.

45 Minuten lang reanimiert

Die 45-Jährige war am 28. Juli 2014 im Pinnistal, einem Seitental des Stubaitals, mit ihrem Hund auf einem Wanderweg unterwegs, als die Kühe plötzlich seitlich auf sie zuliefen. Die Frau wurde an Ort und Stelle rund 45 Minuten lang reanimiert, erlag jedoch ihren Verletzungen. Nach Angaben der Exekutive hatte es die Herde vermutlich auf den angeleinten Hund der Frau abgesehen. Das Tier soll sich laut einem Zeugen zuvor aber nicht aggressiv den Kühen gegenüber verhalten haben. Die Obduktionsergebnisse ergaben, dass die Deutsche zu Tode getrampelt wurde.

Die Hinterbliebenen forderten 360.000 Euro Schadenersatz. Für die Verhandlung am Dienstag war die Anhörung weiterer Zeugen geplant.

Landwirtschaft befürchtet Ende der Weidehaltung

Aus Sicht der Landwirtschaft wird der Prozess mit Nervosität beobachtet, könnte ein Urteil jedoch Präzedenzwirkung haben. Das Argument der Landwirte und der Almwirtschaftsvereine: Sollten Bauern in derartigen Fällen Schuldsprüche ausfassen, wäre es mit der Auslauf- und Weidehaltung hierzulande bald vorbei. Auf jüngste Kuh-Attacken hat man mit groß angelegten Tafel-Aktionen entlang der Weidezäune und Broschüren über richtiges Verhalten für Wanderer reagiert.