Tatsächlich steigt zwar die Zahl der Wahlärzte seit Jahren kontinuierlich, die Zahl der Kassenärzte stagniert jedoch. Das bedeutet, dass immer mehr Patienten bei Ärzten ohne Kassenvertrag ihre Behandlung zuerst selbst bezahlen müssen und dann einen Teil von der Kasse zurückbekommen.
Während es früher mehr Kassen- als Wahlärzte gab, hat sich dieses Verhältnis vor rund zehn Jahren gedreht und die Schere geht seither immer weiter auf. Mit Stand Dezember 2018 arbeiteten in Österreich nach jüngsten Daten der Ärztekammer 7.099 Ärzte mit einem Vertrag einer Gebietskrankenkasse. Dazu kamen 1.089 Mediziner mit einem Vertrag kleinerer Kassen oder Krankenfürsorgeanstalten (KFA). Im Jahr 2000 waren es 6.951 GKK-Vertragsärzte und 1.252 Ärzte mit kleinen Kassen. Auf der anderen Seite hat sich hingegen die Zahl der Wahlärzte von 4.768 auf 10.099 mehr als verdoppelt, wobei mehr als 7.000 davon Fachärzte sind.
Kassenstellen unbesetzt
Dazu kommt, dass mit Stand Ende 2018 österreichweit 129 Kassenstellen unbesetzt waren - 68 Allgemeinmediziner und 61 Fachärzte. Die größte Zahl an offenen Stellen gibt es bei Allgemeinmedizinern in Oberösterreich mit 16 sowie in Niederösterreich und der Steiermark mit jeweils 14, bei den Fachärzten klafft in Wien mit 24 offenen Stellen das größte Loch.
Verschärft wird die Situation durch die Altersstruktur der heimischen Ärzte. Nach einer Auswertung der Altersstatistik werden in den nächsten zehn Jahren 48 Prozent aller niedergelassenen Ärzte und 55 Prozent aller Ärzte mit einem Gebietskrankenkassen-Vertrag das Pensionsalter erreichen. Bei den Fachärzten mit GKK-Vertrag werden sogar 60 Prozent in zehn Jahren in Pension gehen - von den heute 239 praktizierenden Orthopäden sind es 64 Prozent, von den 394 Frauenärzten 65 Prozent, von den 166 Urologen 58 Prozent und von den 390 Fachärzten für Innere Medizin 61 Prozent. Unter den Wahlärzten erreichen in den nächsten zehn Jahren fast 42 Prozent das Pensionsalter. Über das gesetzliche Pensionsalter von 70 Jahren hinaus arbeiten derzeit rund 120 Kassenärzte noch.
Im internationalen Vergleich solide
Trotzdem schneidet Österreich in internationalen Vergleichen bei der Zahl der Ärzte sehr gut ab. Nach Angaben der OECD kommt Österreich mit 5,05 Ärzten auf 1.000 Einwohner auf die zweithöchste Ärztedichte Europas nach Griechenland. Die Ärztekammer verweist allerdings darauf, dass Österreich auch Ärzte in Ausbildung miteinberechnet. Rechne man die Turnusärzte heraus und vergleiche die Anzahl der Ärzte mit eingetragener Berufsbefugnis zur selbstständigen Berufsausübung, liege Österreich mit 4,32 Ärzten auf 1.000 Einwohner nur noch auf Platz 13.
Laut Eurostat-Zahlen hat Österreich nach Portugal und Irland die drittmeisten Hausärzte pro Kopf in der EU, nämlich 159 pro 100.000 Einwohner. Aber auch hier relativiert die Ärztekammer - erfasst würden hier nicht nur die Hausärzte, sondern sämtliche Allgemeinmediziner, also auch Angestellte oder Schulärzte. Zähle man nur die Hausärzte, komme man auf 76,3 pro 100.000 Einwohner, einen Kassenvertrag hätten nur 42,7 Prozent.
Bessere Arbeitsbedingungen gefordert
Als Ausweg fordert die Ärztekammer österreichweit 1.000 zusätzliche Ärzte und vor allem bessere Arbeitsbedingungen für die Mediziner. 2017 gab es zwar an den öffentlichen Universitäten 1.665 Medizin-Absolventen, aber nur rund 40 Prozent davon werden in Österreich als Ärzte arbeiten. Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres fordert auch eine neue Honorierung für die Hausärzte.
Dieser Forderung will auch Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) nachkommen. Sie kündigte im Ö1-"Mittagsjournal" eine bessere Bezahlung für die Hausärzte an. Dafür sollen die Honorarpositionen neu erarbeitet werden. Der Oberste Sanitätsrat sei damit beauftrag worden.
Der Vorsitzende im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Alexander Biach, bekräftigte am Montag im Ö1-"Morgenjournal", dass es keine Versorgungsprobleme gebe und appellierte, die Kirche im Dorf zu lassen. Über 99 Prozent der relevanten Kassenstellen seien besetzt, Österreich habe die zweithöchste Ärztedichte in der EU, verwies Biach auf die OECD-Zahlen. Außerdem habe man die Lehrpraxen realisiert, wo fast 400 Ärztinnen und Ärzte im Allgemeinmediziner-Bereich ausgebildet werden.