Die Frau hatte 1,4 Promille im Blut, als sich ihr Rottweiler losriss. Er stürzte sich auf den kleinen Buben und biss ihn in den Kopf. Am vergangenen Freitag verstarb das 17 Monate alte Kind im Krankenhaus. Der furchtbare Fall in Wien hat erneut eine österreichweite Debatte über die Hundehaltung ausgelöst.

Die Stadt Wien hat nun reagiert. „Uns ist klar geworden, dass wir beim Tierhaltegesetz nachschärfen müssen“, sagt Anita Voraberger, Sprecherin der zuständigen Stadträtin Ulli Sima. Noch in diesem Jahr wird ein Alkohollimit von 0,5 Promille für Hundebesitzer eingeführt werden.

>>>Zum Kommentar: Der Alkoholpegel ihrer Halter lässt Hunde nicht bissig werden. Falsche Haltung schon.

„Dazu gibt es noch viele weitere Maßnahmen, die wir erst präsentieren werden. Aber gerade nach diesem schrecklichen Fall wird das Alkolimit ein Fixstarter sein“, sagt Sprecherin Voraberger.

Doch genau diese Verschärfung im Gesetz stößt bei Experten auf viel Skepsis. „Ich glaube nicht, dass ein solches Limit Hundebisse verhindern wird. Drei Viertel aller Bisse passieren in den eigenen vier Wänden“, sagt die geprüfte Hundetrainerin Anna Oblasser, die das Animal Training Center in der Steiermark betreibt. Ähnlich sieht das der Obmann des Österreichischen Rottweiler Klubs, Harald Zehetner: „Ich bin nicht gegen ein Alkolimit, aber viel bringen wird es wohl nicht. Natürlich ist jeder Biss einer zuviel. Doch die Politik tendiert leider sehr oft zu einer Anlassgesetzgebung, die nicht immer sinnvoll ist.“

Einheitliche Regeln gefordert

Viel wichtiger sei es österreichweit einheitliche Regeln für die Haltung von Hunden zu schaffen, sagen die Experten. Derzeit unterscheiden sie sich von Bundesland zu Bundesland: In Wien gibt es etwa einen verpflichtenden Hundeführerschein, in Salzburg müssen sich „gefährliche Hunde“ einem Test unterziehen, Vorarlberg hat sogar eine eigene „Kampfhundeverordnung“.

Ein runder Tisch soll nun die Tierschutzreferenten aller Bundesländer zusammenbringen. Einberufen hat ihn die für Tierschutz zuständige Ministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). „Wir wünschen uns bundesweit einheitliche Regeln. Unsere Experten arbeiten sie gerade aus. Sie werden dann den Referenten präsentiert“, sagt der Sprecher der Ministerin, Axel Ganster.

Aus Wien kommt Widerstand: „Wir werden uns das natürlich anhören. Aber Wien hat das österreichweit strengste Tierhaltegesetz. Das werden wir uns sicher nicht verwässern lassen“, heißt es aus dem Büro von Stadträtin Sima. In Wien gibt es einen verpflichtenden Hundeführerschein für sogenannte Listenhunde. Das sind Tiere, die zu solchen Rassen gehören, die als aggressiv gelten.

Auf Grundbedürfnisse eingehen

Von einem Führerschein halten die Experten viel, von einer Liste von gefährlichen Hunden gar nichts: „Nicht die Rasse ist entscheidend, ob ein Tier gefährlich wird“, sagt Hundetrainerin Oblasser. Jeder Hundebesitzer sollte verpflichtende Schulungen absolvieren.
„Ein Kurs mit vier Stunden Theorie und sechs Stunden Praxis wäre gut. Ich halte selbst Kurse ab und weiß, dass es bei vielen einfach am Grundwissen mangelt“, sagt Zehetner, „die meisten wissen etwa gar nicht, wie hoch die Körpertemperatur ihres Hundes ist“, erzählt der Obmann des Rottweiler Klubs. Oblasser berichtet von ähnlichen Wissenslücken.

Die Besitzer müssten lernen auf die Grundbedürfnisse ihrer Tiere Rücksicht zu nehmen, sagt die Hundetrainerin: „Dann werden sie auch verantwortungsvoller handeln. Ich finde, es braucht gar nicht so viele Verbote, sondern einfach mehr Schulungen.“