In Wien sind heuer schon zwei Kinderheime geschlossen worden. Anfang des Jahres wurde ein Heim, in dem behinderte Kinder untergebracht waren, in Wien geschlossen. Der Vorwurf lautete: Vernachlässigung, gegen den Betreiber läuft ein Verfahren. Es soll auch Missstände bei der medizinischen Betreuung gegeben haben.
Nun musste das nächste Kinderheim gesperrt werden. Diesmal lautete der Vorwurf gegen den Betreiber - der Orden der Benediktinerinnen der Anbetung -, dass im Kinderheim St. Rafael Kinder öfter über einen längeren Zeitraum weggesperrt wurden. Grund waren Streitereien. Dieses fragwürdige pädagogische Konzept dürfte von der Heimleitung angeordnet gewesen sein und war Auslöser für die Schließung.
"Keine zeitgemäße Pädagogik"
Eine Betreuerin hat die Fall mit einem Beschwerde-Email ins Rollen gebracht. Das Jugendamt bestätigte die Vorwürfe. Jugendamts-Sprecherin Herta Staffa sagt gegenüber dem "Ö1 Morgenjournal": "In dem Email hieß es dass Kinder in sogenannten Auszeiträumen eingesperrt werden, und das sie das nicht in Ordnung fände. Das geht bei uns gar nicht." Man könne in Ausnahmesituationen einen anderen Raum nützen, aber nur dann wenn man bei dem Kind bleibt. "Hinausgehen und die Tür zusperren, das ist einfach ein pädagogisches No-Go." Der Anlass für das Wegsperren in eine Art "Medienraum" seien Streitereien gewesen, ein Verhalten der Kinder, wo sich Pädagogen schwer getan hätten. "Aber für uns ist das keine zeitgemäße Pädagogik."
Nun habe man sich für eine Auflösung des Heims entschieden. Ende Mai seien 18 Kinder in andere Wohngemeinschaften übersiedelt worden. Schon vor drei Jahren hatte das Heim St. Rafael für Schlagzeilen gesorgt, weil ein Mädchen aus einem nicht ausreichend gesicherten Fenster gestürzt war, so der Bericht im Ö1-Morgenjournal weiter.
Holzteile in Erbrochenem
Im Fall des Heims "Wohnen Steinergasse", das Anfang des Jahres geschlossen werden musste, läuft ein Verfahren gegen die Diakonie wegen Vernachlässigung. Die Vorwürfe gegen die sozialpädagogische Einrichtung für Minderjährige und junge Erwachsene mit geistiger und mehrfacher Behinderung in Wien-Hernals, wiegen schwer. Erste Vorwürfe waren bereits 2007 laut geworden, trotzdem dauerte es noch zehn Jahre, bis man den Vorwürfen nachging.
Aufgrund struktureller Mängel sollen Kinder die falschen Medikamente oder Sondennahrung erhalten haben. Einem Mädchen soll demnach trotz chronischer Schluckerkrankung festes Essen verabreicht worden sein. Das berichtete "derstandard.at". Kinder hätten begonnen, sich selbst zu verletzen, im Erbrochenen eines Mädchens wurde ein Stück Holz entdeckt. Bei einigen Kindern wurde eine massive Unterschreitung der täglichen Flüssigkeitszufuhr gemessen, die zu Verstopfung und Fieber führte. Obwohl Betreuer immer wieder auf die Vorfälle hinwiesen, wurden diese nicht ununtersucht, ebenso wie Gewichtsverluste und chronisches Erbrechen, berichtet der Standard.
Chronische Angstzustände
Trotz chronischer Angstzustände und zugesicherter Kostenübernahme erhielt ein Mädchen keine Psychotherapie, Musiktherapien sollen abgesagt worden sein ebenso wie Schulungen für die Betreuer. Auch sollen Kinder eingesperrt worden sein.
Erst als beim Magistrat eine mehrere Seiten lange Liste mit systematischer Dokumentation aller Misstände einging, musste schließlich eingeschritten werden. 20 Kinder mussten umgesiedelt werden, das Heim wurde geschlossen.