Ein Somalier ist am Donnerstag nach einer Würgeattacke auf einen Pfleger in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Die Geschworenen sahen den Tatbestand des Mordversuchs aber nicht erfüllt, sondern nur jenen der schweren Körperverletzung und den der gefährlichen Drohung. Bei den angeklagten Verstößen gegen das Verbotsgesetz gestanden sie ihm einen Verbotsirrtum zu.
Der 24-jährige Asylwerber hatte im Dezember 2016 für Aufsehen gesorgt, als er während einer Kindervorstellung am Adventmarkt in Oberndorf bei Schwanenstadt unvermittelt auf die Bühne ging, einen Koran hochhielt und daraus lesen wollte. Besucher brachten ihn weg. Im Prozess schilderten einige Zeugen die Situation als bedrohlich. Sie hätten befürchtet, dass der Mann eine Bombe oder ein Gewehr dabeihaben könnte.
Als die Polizei den Somalier befragte, soll er den Beamten gedroht haben, sie zu töten. Zudem ließ er sie wissen, dass er auch nach Österreich gekommen sei, um die Juden zu vernichten, denn "Adolf Hitler hat seine Arbeit nicht fertig machen können". Islamistisches wie "Wer nicht 'Aallahu Akbar' sagt, wird ermordet" oder ein Bekenntnis zur Al-Nusra-Front bekamen die Ermittler ebenfalls zu hören. Wenige Tage später soll der Somalier dann in der forensischen Abteilung der Linzer Uniklinik einen Pfleger attackiert und gewürgt haben.
Laut dem psychiatrischen Gutachter Ernst Griebnitz habe sich der Mann am Adventmarkt in einem "akut psychotischen Zustand ohne Realitätskontrolle" befunden und Stimmen gehört, die ihm befahlen, aus dem Koran zu lesen. Dass Wahnvorstellungen religiös gefasst seien, komme bei diesem Krankheitsbild häufig vor, erklärte er, auch bei Christen. Den Angriff auf den Pfleger beschrieb der Sachverständige als "Impulsdurchbruch", wie er bei psychotischen Erkrankungen ebenfalls nicht selten sei.
Angriff kam völlig überraschend
Der attackierte Pfleger und eine Kollegin hatten in der Vorwoche den Vorfall in der Klinik geschildert. Demnach habe der 24-Jährige zunächst um ein Medikament gebeten und den Spitalmitarbeiter dann völlig überraschend angegriffen. Der Somalier hatte zunächst eine komplett andere Version geliefert: Er habe den Pfleger nur weggeschubst. Am Donnerstag sagte er jedoch, dass wohl die Angaben des Opfers, auf die sich auch die Staatsanwaltschaft stützt, richtig seien und er selbst sich nicht mehr erinnern könne.
Die Geschworenen hatten insgesamt 22 Fragen zu beantworten. Es ging darum, ob der Mann die von der Staatsanwaltschaft benannten Anlassdelikte Mordversuch, gefährliche Drohung und Verstöße gegen das Verbotsgesetz begangen hat. Dabei mussten die Laienrichter jedes Mal entscheiden, ob der 24-jährige Betroffene zurechnungsfähig war. Bei den Delikten nach dem Verbotsgesetz haben die Geschworenen zudem zu klären, ob der Somalier über das diesbezügliche Recht in Österreich überhaupt Bescheid wusste.
Die Geschworenen entschieden jedoch einstimmig nur auf schwere Körperverletzung und gefährliche Drohung - beides in (mehrheitlich bejahtem) zurechnungsunfähigem Zustand. Die Verstöße gegen das Verbotsgesetz habe der Mann nach Ansicht der Laienrichter zwar begangen, er habe aber über die diesbezüglichen Gesetze in Österreich nicht Bescheid gewusst, weil er noch nicht lange hier sei, und wäre daher auch in zurechnungsfähigem Zustand entschuldigt gewesen. Der Angeklagte nahm das Urteil an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.