62 Prozent der Schüler sind beim Lernen auf die Hilfe der Eltern angewiesen, 25 Prozent der Kinder lernen sogar täglich zuhause mit Eltern-Unterstützung weiter. Ebenfalls fast ein Viertel der Schüler (23 Prozent) braucht private Nachhilfe. Das zeigt eine Umfrage im Auftrag der Arbeiterkammer (AK), die den Gesamtaufwand für Nachhilfe heuer auf 100 Mio. Euro schätzt - nach 109 Mio. Euro im Vorjahr.

3.435 Haushalte mit 5.683 Schulkindern teilgenommen

An der jährlich durchgeführten Ifes-Studie, die dem AK-"Nachhilfebarometer" zugrunde liegt, haben heuer österreichweit 3.435 Haushalte mit 5.683 Schulkindern teilgenommen, wie es am Donnerstag bei der Präsentation der Studie in Wien hieß. Für AK-Präsident Rudolf Kaske zeigen die Ergebnisse deutlich, dass der Lernstress weiter fast unvermindert stark in den Freizeit-Bereich ausstrahlt. "Lernen findet nicht immer dort statt, wo es hingehört", sagte Kaske, für den folglich "viel zu viele Eltern ihre Freizeit opfern müssen".

Immerhin bräuchten heuer 612.000 Schüler Unterstützung durch die Eltern bei Hausübungen oder Prüfungsvorbereitung. Volksschüler benötigen demnach eindeutig am meisten Hilfe: Hier berichten 86 Prozent der Eltern, dass sie nachmittags mit ihren Kindern lernen. Die Hälfte setzt sich sogar "so gut wie täglich" mit dem Nachwuchs zum Üben zuhause an den Tisch.

An den Neuen Mittelschulen sind 75 Prozent der Eltern teilweise gefragt, davon nahezu täglich im Einsatz sind hier 25 Prozent. Ähnlich ist das Bild an den AHS-Unterstufen, wo für 73 Prozent gelegentliches bzw. für 18 Prozent tägliches Lernen auf dem Plan steht. An AHS-Oberstufen oder berufsbildenden höheren Schulen (BHS) sinken die Zahlen dann deutlich.

Arbeitstätigkeit von ungefähr 28.000 Vollzeit-Beschäftigten

Der Gesamtaufwand für heimische Eltern sei vergleichbar mit der jährlichen Arbeitstätigkeit von ungefähr 28.000 Vollzeit-Beschäftigten, erklärte die Leiterin der AK Wien-Abteilung Bildungspolitik, Gabriele Schmid. Nach Schultyp und -stufe anders verteilt ist der Bedarf an privater Nachhilfe. Hier sind vor allem Schüler in AHS, berufsbildenden mittleren Schulen (BMS) und BHS betroffen. Von den 23 Prozent Schülern (hochgerechnet 226.000 Kinder und Jugendliche), die insgesamt darauf angewiesen wären, erhalten 138.000 bezahlte Nachhilfestunden. 40.000 kommen in den "Genuss" unbezahlter Nachhilfe, während immerhin 48.000 trotz Bedarf keine Hilfe erhalten. Vor allem für Kinder von Pflichtschulabsolventen sind laut Schmid auch die durchschnittlich errechneten Kosten von rund 710 Euro pro Kind oft ein Problem.

Es zeige sich zudem, dass private Nachhilfe das Lernen mit den Eltern nicht unbedingt ersetze, sagte die Expertin. Sind es wiederum die Eltern, die als Nachhilfe-Lehrer einspringen, fühlen sich jene mit Pflichtschulabschluss stärker fachlich überfordert: 52 Prozent der Befragten aus dieser Gruppe fällt es schwer, ihren Kindern tatsächlich weiterzuhelfen. Unter Akademikern geben das nur 23 Prozent an. Dazu komme laut Schmid, dass es bei Akademikerkindern tendenziell öfters um das "Ausbessern" von Noten gehe, während es bei Kindern weniger qualifizierter Personen, von denen insgesamt sogar 35 Prozent auf Hilfe angewiesen sind, "oft um Noten zum Durchkommen geht".

Kaske betonte, dass Schulbildung auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit sei und "die Chancen der Kinder nicht vom Geldbörsel der Eltern abhängen dürfen". Als probate Mittel gegen diese Schieflagen sieht die AK einmal mehr die flächendeckende Umstellung des Schulsystems auf echte Ganztagsschulen mit einem Wechsel aus Unterricht, Freizeit und Lernen sowie regelmäßigen Förderunterricht. Das sehen Schmid und Kaske auch dadurch bestätigt, dass laut der Studie lediglich 30 Prozent der Schüler in Ganztagsschulen ihre Eltern täglich oder zumindest mehrmals pro Woche zum Lernen benötigen. Auch bräuchten nur elf Prozent der Kinder mit regelmäßigem Förderunterricht bezahlte Nachhilfe, während das auf 16 Prozent der Schüler ohne Förderunterricht zutreffe.