Im Wiener Prozess gegen neun Flüchtlinge aus dem Irak, die in der Nacht auf den 1. Jänner 2016 eine junge Deutsche in eine Wohnung gebracht und sich dort allesamt an ihr vergangen haben sollen, könnte am Donnerstag ein Urteil ergehen, falls nicht eventuell gestellte Beweisanträge angenommen werden. Nach den Ausführungen zweier Gutachter sollten die Plädoyers gehalten werden.
Gutachter Christian Reiter hatte zu prüfen gehabt, ob jene Angeklagten, die viel Alkohol konsumiert hatten, zum Tatzeitpunkt so berauscht waren, dass dies ihre Zurechnungsfähigkeit ausgeschlossen hatte. Nach langwierigen Ausführungen kam der Experte zur Schlussfolgerung, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Dazu könnten sich die Männer an zu viele Details erinnern. Allerdings sei eine enthemmende Wirkung des Alkohols anzunehmen. Nach Reiter wurde eine psychiatrische Sachverständige vom Schöffengericht gehört, die sich u.a. mit den Folgen für das Opfers befasst hat. Für ihr Gutachten wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Die 28-jährige Frau war nach Wien gekommen, um gemeinsam mit einer hier lebenden Freundin Silvester zu feiern. Stunden später begegneten vier Angeklagte, die ebenfalls in der Innenstadt feierten, der angeschlagenen Frau vor einem Lokal - sie war nicht mehr ansprechbar, da sie zu diesem Zeitpunkt mehr als zwei Promille Alkohol im Blut gehabt haben dürfte. Diesen Umstand nutzten die Iraker aus, indem sie das hilflose Opfer in die Wohnung eines Landsmannes in der Rustenschacherallee in der Leopoldstadt brachten, wo sich weitere fünf Männer aufhielten.
Der Anklage zufolge fielen im kleineren Raum der Zwei-Zimmer-Wohnung alle neun Beschuldigten im Alter zwischen 22 und 48 Jahren - acht sind miteinander verwandt oder verschwägert - nacheinander über die Frau her und missbrauchten sie. Die Betroffene war laut Staatsanwältin in einem "bewusstlosen, schreckstarren Zustand" und daher außerstande, sich zu Wehr zu setzen.
Mit einer Ausnahme leugnen die irakischen Flüchtlinge bisher die ihnen angelastete Straftat. Einer bestritt, überhaupt in der Wohnung gewesen zu sein. Der Älteste von ihnen erklärte, er habe geschlafen, in der Früh die Frau wahrgenommen und ihr lediglich beim Aufstehen geholfen. Einige räumten ein, mit der 28-Jährigen Sex gehabt zu haben - die Initiative sei aber von der Frau ausgegangen.