Ein Schwurgericht (Vorsitz: Ulrich Nachtlberger) verhängte über den bisher Unbescholtenen 15 Jahre Haft. Die um 33 Jahre jüngere Frau, die sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen hatte, bekam 7.390 Euro an finanzieller Wiedergutmachung zugesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Rudolf Mayer meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, der Staatsanwalt Strafberufung an.
Der Angeklagte hatte sich "nicht schuldig" bekannt und behauptet, seine Frau habe ihm nach dem Leben getrachtet. Als sie mit einem Messer auf ihn losging, habe er ihr die Waffe entwunden und sich "verloren". Er habe zwar zugestochen, sie aber nicht töten wollen. Der Fall war im vergangenen September schon ein Mal von einem Schwurgericht behandelt worden. Damals verwarfen die Geschworenen die Anklage und erkannten auf absichtliche schwere Körperverletzung, worauf die drei Berufsrichter deren Wahrspruch wegen Irrtums aussetzten.
Erfolgreiche Notoperation
Der 61-Jährige fügte bei dem Angriff der 28-Jährigen bis zu 13 Zentimeter tiefe Wunden zu. Obwohl ihr Herzbeutel eröffnet wurde und auch Lunge und Leber verletzt wurden, gelang es der Mutter, ihre dreijährige Tochter aus einer vorangegangenen Beziehung zu schnappen und mit dieser durch ein Fenster die ebenerdig gelegene Wohnung in der Erlgasse zu verlassen. Passanten kümmerten sich um die blutende Frau und alarmierten die Rettung. Eine Notoperation rettete ihr das Leben.
Sie hatte den Angeklagten 2012 in ihrer Heimat in der Türkei kennengelernt. Dieser - selbst gebürtiger Türke - war in den 1980er-Jahren mitsamt seiner Familie nach Österreich aufgebrochen, um sich ein besseres Leben aufzubauen. Er verdingte sich jahrzehntelang als Hilfsarbeiter auf Baustellen und zeugte mit seiner ersten Frau sieben Kinder. Als die Frau 2012 überraschend starb, bestattete er ihre sterblichen Überreste in der Türkei. Verwandte rieten ihm nach der Trauerfeier, sich nach einer neuen Gefährtin umzuschauen, zumal der Mann Angst vor dem Alleinsein hatte.
Vernunftgründe
15 Tage später hatte man eine 28-Jährige gefunden, die vom Vater ihres kleinen Kindes verlassen worden war. Sie willigte daher aus Vernunftgründen ein, den wesentlich älteren Mann zu heiraten und nach Österreich zu begleiten.
Dort soll es nach einiger Zeit zu regelmäßigen Streitereien gekommen sein. Die Ehefrau litt ihren Angaben zufolge vor allem an den unbegründeten Unterstellungen des 61-Jährigen, zwischen ihr und einem anderen Hausbewohner würde etwas laufen. Der Ehemann soll der jungen Mutter - getragen von Eifersucht - untersagt haben, einen Deutschkurs zu besuchen und eine Arbeit anzunehmen.
Zehn-Euro-Schein als Auslöser
Am 10. April eskalierte eine Auseinandersetzung, die sich entzündet hatte, weil die Frau vermeinte, der Mann habe ihr einen Zehn-Euro-Schein aus ihrer Handtasche genommen. Als sie diesen zurückhaben wollte, soll der Mann laut Anklage mit den Worten "Komm her, da ist das Geld!" plötzlich zugestochen haben. Danach rammte er sich selbst das Messer drei Mal in den Bauch. Diese Verletzungen fielen aber eher oberflächlich aus.
"Ich wollte nicht mehr leben", begründete er die Selbstbeschädigung vor den Geschworenen. Die Frau habe ihn zuvor mit dem Messer angegriffen. Schon immer habe er unter ihren Gewalttätigkeiten gelitten: "Sie hat mich so oft auf die Brust geschlagen. Ich schwöre, ich habe nicht ein Mal die Hand gegen sie gehoben." Sie habe ihn auch unentwegt beschimpft: "Sie hat mich Hund und Alter genannt. Ich weiß auf jeden Fall genau, dass meine Frau mich umbringen wollte. Ich konnte nicht schlafen. Sie wollte mich vergiften."
"Er hat ihr Zeichen gegeben"
"Der Staat soll das aufdecken, dass sie ein Verhältnis hatten", verlangte der Angeklagte. Ein Bosnier, 40 bis 45 Jahre alt, habe direkt über ihnen gewohnt und mit seiner Frau verkehrt. "Er hat von oben Klopfzeichen gegeben. Das hat bedeutet, dass sie kommen soll. Es hat auch ständig jemand angeläutet bei der Gegensprechanlage. Er hat ihr Zeichen gegeben", behauptete der 61-Jährige. Bei der Zeugeneinvernahme der Frau wurde die Öffentlichkeit aus Gründen des Opferschutzes ausgeschlossen.