Rakhat Aliyevs Anwalt Manfred Ainedter hatte heute in das Wiener Cafe Landmann geladen um Neuigkeiten im Fall des im Vorjahr verstorbenen Ex-Botschafters zu verkünden. Mit dabei hatte er ein Gutachten, das er selbst in Auftrag gegeben hatte. Dieses besagt, dass sich Aliyev nicht selbst erhängt haben kann. Vielmehr sei er erst nach seinem Tod in der Zelle aufgehängt worden: "Es handelt sich damit um eine Tötung durch fremde Hand", so das Gutachten.
Die Behörden hatten nach dem Tod des Kasachen am 24. Februar 2015 ein Fremdverschulden ausgeschlossen. Doch Bernd Brinkmann, der das neue Gutachten erstellt hat, widerspricht. Aliyev sei durch eine "Perthes'sche Druckstauung" getötet worden: Der oder die Täter hätten sich auf das Opfer gesetzt und ihm die Nase und den Mund zugehalten. Nach dem Eintreten des Todes sei Aliyev aufgehängt worden.
Staatsanwaltschaft reagiert
Angesichts der neuen Erkenntnisse zum Tod des kasachischen Ex-Botschafters Rakhat Aliyev hat die Staatsanwaltschaft Wien ein Ergänzungsgutachten vom Schweizer Gerichtssachverständigen, der im Vorjahr die Selbstmordthese bestätigt hatte, angefordert. Das Gutachten solle bis Jahresende vorliegen, teilte Staatsanwaltschafts-Sprecherin Nina Bussek der APA am Montag auf Anfrage mit.
Bussek bestätigte, dass die Staatsanwaltschaft das vom deutschen Rechtsmediziner Bernd Brinkmann erstellte Privatgutachten im November erhalten und "umgehend" an den Schweizer Sachverständigen weitergeleitet habe. Dieser solle nun bis Jahresende eine Stellungnahme abgeben beziehungsweise ein "Ergänzungsgutachten" anfertigen.
Auf die Frage, ob die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen zum Tode Aliyevs im Lichte des Privatgutachtens wieder aufnehmen werde, sagte Bussek, man werde nach Vorliegen der Stellungnahme des Schweizer Sachverständigen "prüfen, was weiter passiert". Zugleich wies die Staatsanwältin darauf hin, dass die Anklagebehörde abseits der Obduktion der Leiche noch viele andere Ermittlungsschritte gesetzt habe (etwa die Auswertung von Überwachungskameras).
Die Ereignisse im Rückblick
In einem Aufsehen erregenden Verfahren war es um das Schicksal zweier Manager der Nurbank gegangen, die im Jänner 2007 in Kasachstan von der Bildfläche verschwanden. Ihre Leichen wurden erst 2011 entdeckt. Weil er die Entführung angeordnet haben und an der Tötung der Banker beteiligt gewesen sein soll, führte die Staatsanwaltschaft Wien ein Ermittlungsverfahren gegen Rakhat Aliyev, den früheren kasachischen Botschafter in Wien und Ex-Schwiegersohn des kasachischen Staatspräsidenten Nursultan Nasarbajew. Im Dezember 2014 wurde eine Doppelmord-Anklage gegen Aliyev, Vadim K. und den ehemaligen kasachischen Geheimdienstchef Alnur Mussayev eingebracht.
Kurz vor Beginn der Hauptverhandlung nahm sich Aliyev in seiner Zelle im Landesgerichtlichen Gefangenenhaus das Leben. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hat das erstinstanzliche Urteil bestätigt, das im Juli 2015 über Aliyevs früheren Sicherheitsberater Vadim K. verhängt wurde. Es blieb bei zwei Jahren Haft, davon acht Monate unbedingt.