Am Samstag ist die 20. Regenbogenparade über die Wiener Ringstraße gezogen. Laut Organisator Christian Högl, Obmann des Vereins Hosi (Homosexuelle Initiative), nahmen rund 100.000 Menschen teil, um gegen die Diskriminierung Homosexueller zu demonstrieren. Die Schlusskundgebung fand am Abend auf dem Rathausplatz statt - bei Sonne, Regen und fast schon kitschig: mit einem Regenbogen am Himmel.
Rede für den Stolz
Im Rahmen der "Pride Speech", wie die Abschlusskundgebung genannt wurde, forderte Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) einmal mehr die Öffnung der Ehe: "Wenn Menschen verliebt sind, dann kann es sein, dass sie einen Fehler machen wollen: Sie wollen heiraten. Und ich bin dafür, dass jeder Mensch diesen Fehler machen kann." Dieses Ziel wolle sie nächstes Jahr erreicht haben - woraufhin aus dem Publikum Rufe zu hören waren: "Morgen, morgen, nicht erst nächstes Jahr."
Auch Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) will in dieser Hinsicht nicht locker lassen: "Wir werden dran bleiben und darum kämpfen." Nationalratsmandatarin und Wiener Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) kritisierte dabei jene Politiker, die Ängste schüren würden: "Dagegen treten wir auf. Das ist das Schlimmste, was Österreich passieren kann."
Die grüne EU-Mandatarin Ulrike Lunacek motivierte die Zuhörer, öffentlich zu ihrer Sexualität zu stehen: "Sagt's es, traut's euch. Nehmt's die Kraft und den Mut von heute mit." Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) erinnerte abschließend an den Grund der Veranstaltung: "Es geht darum, sichtbar aufzutreten gegen Homophobie und Transphobie."
Politisch war auch die Parade selbst. Die Demonstrations-Teilnehmer hielten ihre Forderungen und Slogans auf Schildern fest. Dabei handelte es sich um Botschaften wie: "Freedom, love", "Umschwulung auf Krankenschein" oder "Ehe für alle, statt Ampeln für alle" - eine Anspielung auf die Wiener Ampelpärchen.
Der Startschuss der 20. Jubiläumsveranstaltung erfolgte mit 50-minütiger Verspätung um 14.50 Uhr auf dem Rathausplatz. "Die Tonabnahme der Anlagen auf den Fahrzeugen durch die Behörde hat länger gedauert", begründete Högl. Gleichzeitig freute er sich über einen neuen Teilnehmerrekord: Rund 60 Gruppen, darunter viele Lkw und anderen bunt geschmückte Fahrzeuge, zogen entgegen der Fahrtrichtung um den Ring.
In Sachen Styling ließen viele Teilnehmer ihrer Fantasie auch heuer wieder freien Lauf - neben Engeln, Katzen und Piraten gab es auch flippige Trachtenoutfits und ein Ampelpärchen zu bewundern. Als besonders beliebtes Fotomotiv unter den Schaulustigen entpuppte sich eine Kutsche, die nicht von Pferden, sondern von acht Personen gezogen wurde. Ebenfalls mit dabei war Schauspieler Hermes Phettberg. Dieser ließ sich heuer auf der Rückbank eines alten Mercedes um den Ring chauffieren.
"Wirklich gut"
"Trotz des nicht besonders demonstrationsfreudigen Wetters sind die Leute geblieben. Die Stimmung war wirklich gut", zog Högl Bilanz. Das Motto der diesjährigen Parade lautete "Sichtbar 2015", angelehnt an die erste Wiener Regenbogenparade, bei der es "Sichtbar 1996" hieß. Was der Organisator für die Zukunft hofft: "Eigentlich müsste ich mir wünschen, dass es in 20 Jahren diese Parade nicht mehr geben muss. Aber das ist nicht wirklich realistisch."
Nicht weit von der Ringstraße entfernt trafen sich am Nachmittag die Gegner der Regenbogenparade. Laut Polizei verlief der "Marsch für die Familie" am Stephansplatz weitgehend ruhig, wo bis etwa 17.00 Uhr unter anderem gegen die Homo-Ehe demonstriert wurde. Jedoch kam es zum Einsatz von Pfefferspray durch die Exekutive, nachdem mehrere Gegner der Veranstaltung diese zu stören versuchten, berichtete ein Sprecher der Landespolizeidirektion Wien.
Tumulte, die laut Polizei von einigen Mitgliedern des sogenannten schwarzen Blocks ausgingen, gab es hingegen im Bereich der Bankgasse und der Löwelstraße. Mehrere vorläufige Festnahmen waren die Folge.