Wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung ist am Mittwoch im Landesgericht Wels nur einer der drei Angeklagten verurteilt worden. Der 25-Jährige erhielt vier Monate bedingt. Für den 19-Jährigen endete der Prozess mit einer Diversion, die 16-jährige Jugendliche wurde freigesprochen. Sie waren angeklagt, weil sie in Bad Ischl zur Melodie des Liedes „L‘Amour toujours“ die „Ausländer raus“-Textvariante gesungen, den Hitlergruß gezeigt und „Sieg Heil“ gerufen haben sollen.

Angeordneter Besuch der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

Der Wahrspruch der Geschworenen fiel eindeutig aus. Einstimmig votierten sie bei dem Mädchen für nicht schuldig, bei den beiden Männern jedoch für schuldig. Bei dem 19-Jährigen folgte die Richterin der vom Verteidiger geforderten diversionellen Erledigung. Damit verbunden ist die Weisung eines gedenkpädagogischen Rundgangs in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Der 19-Jährige nahm die Diversion an, die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Rechtsmittel. Der 25-Jährige erhielt wegen einer anderen Verurteilung im Juli eine rechtskräftige Zusatzstrafe von vier Monaten bedingter Haft. Auch er muss an einem Rundgang in Mauthausen teilnehmen. Beide Männer erhielten eine Probezeit von drei Jahren.

Der Staatsanwalt hatte noch von „einem Prototyp der nationalsozialistischen Wiederbetätigung“ gesprochen. In den frühen Morgenstunden des 3. Julis nach einer feuchtfröhlichen Nacht „skandierten die drei zu dem Lied ‚Ausländer raus‘ und zeigten den Hitlergruß“, führte er aus. Der 25-jährige, in Argentinien geborene Mann habe mit einem „Lächeln“ auch noch davon erzählt, dass „sein Urgroßvater 150 Menschen umgebracht hat“.

Die 16-Jährige will vor dem Lokal nur kurz dabei gewesen sein, habe nicht den Hitlergruß gezeigt oder „Heil Hitler“ gerufen, so ihr Verteidiger. Das behaupteten auch die beiden Mitangeklagten. „Ich habe keine rechtsextremen Sachen gemacht“, meinte die Jugendliche. Sie wurde auch rechtskräftig freigesprochen.

Die Staatsanwaltschaft sah einen Verstoß gegen das Verbotsgesetz
Die Staatsanwaltschaft sah einen Verstoß gegen das Verbotsgesetz © APA / Barbara Gindl

Der 19-Jährige übernahm hingegen für die ihm zur Last gelegte Tat die „volle Verantwortung“. Es war das „Beschissenste, was im Zweiten Weltkrieg passiert ist“, beteuerte er. Das „NS-Gedankengut entspricht nicht seiner Gesinnung“, führte auch der Verteidiger aus.

Auch der Drittangeklagte bekannte sich schuldig. Es sei „alles andere als schlau“ gewesen, was er stark alkoholisiert gesagt habe, meinte sein Verteidiger. Er bereue es auch „zutiefst“. Den Hitlergruß will er nicht gezeigt, das Lied von D‘Agostino aber schon vom Handy abgespielt haben, gab der Angeklagte zu. Weiters beteuerte er, dass sein Urgroßvater niemals Menschen getötet habe, er sei ein Arzt gewesen. Auch für seine Äußerung, dass seine sechsjährige Schwester von zwei Syrern vergewaltigt worden sei, und er diese „umbringen“ werde, habe er heute keine Erklärung. Das stimme jedenfalls nicht, jene Schwester gibt es nicht. „Das war Blödsinn“.

Zeuginnen fanden die Situation „erschreckend“

Zwei Maskenbildnerinnen, die nach einer Veranstaltung im Theater in Bad Ischl noch etwas trinken waren, bemerkten die drei Angeklagten vor einem Lokal. Die Zeuginnen sagten, das Trio sei gehüpft, habe „Ausländer raus“ gesungen und man hätte auch „Sieg Heil“ gehört. Dazu seien Arme in die Höhe gestreckt worden und es „sah schon nach dem Hitlergruß“ aus, meinte eine Zeugin. Auch deren Kollegin fand die Situation „erschreckend“. Wer von den dreien wann was gesungen oder gesagt hat, konnten die zwei aber nicht heraushören.

Der Prozess dürfte der erste Gerichtsprozess rund um die Verwendung des Hits des italienischen DJs und Musikproduzenten Gigi D‘Agostino in Österreich gewesen sein. Das Lied wurde ohne Wissen von D'Agostino mit einem rassistischen Text versehen und in der rechtsextremen Szene verbreitet. Im Mai hat ein Video von der deutschen Nordsee-Insel Sylt für Empörung gesorgt, auf dem zahlreiche Partygäste zu dem Lied "Deutschland den Deutschen" sowie "Ausländer raus" grölen. Auch in Österreich soll es zu ähnlichen Vorfällen gekommen sein.