In St. Pölten ist ein Netzwerk von mutmaßlichen Anhängern der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) ausgehebelt worden. Als Kopf der Vereinigung gilt ein 20-jähriger Nordmazedonier, der mittlerweile eine fünfjährige Haftstrafe absitzt. Acht weitere Mitglieder im Alter von 13 bis 15 Jahren seien für den IS rekrutiert worden, hieß es am Dienstag bei einer Pressekonferenz der Polizei. Ein Schlag gelang den Ermittlern auch gegen das rechtsextreme Milieu.
Der 20-Jährige aus Nordmazedonien war bereits 2023 mit mehreren IS-Graffitis am Areal des St. Pöltner Hauptbahnhofes aufgefallen. Der Mann sei dadurch als „IS-Sprayer von St. Pölten“ bekannt geworden, sagte Roland Scherscher, Leiter des Landesamts für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) Niederösterreich, bei der Pressekonferenz in St. Pölten. Am Landesgericht in Niederösterreichs Landeshauptstadt wurde der junge Mann im Sommer 2023 zu einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Sachbeschädigung verurteilt.
Videos verbreitet
Kurz nach Haftentlassung im November des Vorjahres dürfte der 20-jährige Jugendliche in St. Pölten für den IS rekrutiert und auch den Angriff der Hamas auf Israel als religiös legitimiert indoktriniert haben. „Es gab unterschiedliche Treffpunkte“, schilderte Scherscher. Besorgte Eltern brachten weitere Ermittlungen durch das LSE Niederösterreich ins Rollen.
Von den Jugendlichen wurden zahlreiche IS-Kampfnasheeds und -Videos verbreitet – alles offenbar in der Absicht, weitere Mitglieder für die Terror-Miliz zu gewinnen. Betrieben worden sei auch antisemitische Propaganda für die Hamas und gegen Israel. „Die Informationen wurden in erster Linie über Handys und das Internet ausgetauscht“, betonte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) im Rahmen der Pressekonferenz. Anfang Oktober wurde der 20-jährige Beschuldigte in St. Pölten nicht rechtskräftig zu fünf Jahren Haftstrafe verurteilt. Angelastet worden war ihm die Mitgliedschaft zu einer terroristischen Vereinigung.
Zahlreiche Verurteilungen
Ein vom Nordmazedonier angeworbener 15-jähriger Österreicher mit Migrationshintergrund war zwischenzeitlich selbst zum Rekrutierer für den IS geworden. Er soll per Video auch einen IS-Treueschwur abgelegt haben. Am Dienstag der Vorwoche setzte es für den Jugendlichen am Landesgericht St. Pölten wegen Mitgliedschaft zu einer terroristischen Vereinigung ein Jahr bedingt. Zwei weitere 15-Jährige fassten ebenso gerichtliche Strafen aus, in den übrigen Fällen laufen die Erhebungen. Eingestellt wurden die Ermittlungen mangels Strafmündigkeit gegen einen 13-jährigen Nordmazedonier. Über alle Beschuldigten wurde ein Waffenverbot verhängt.
Kontakt zum Kopf des St. Pöltner IS-Netzwerks wies auch ein 20 Jahre alter in Wien wohnender Syrer auf, der am 18. März in Biedermannsdorf (Bezirk Mödling) eine 17-jährige Ungarin zu vergewaltigen versucht haben soll. Auch bei dem nicht geständigen Asylwerber wurde umfangreiches IS-Propagandamaterial gefunden, betonte Landespolizeidirektor Franz Popp bei der Pressekonferenz. Der Beschuldigte sitzt seit August in Wiener Neustadt in Untersuchungshaft. „Das Opfer erlitt durch die Tat Verletzungen und einen leichten Schock“, sagte Scherscher.
An die 100 Beschuldigte
Aufmerksam wurde das LSE Niederösterreich indes ausgehend von einem 54-Jährigen aus dem Bezirk Melk auch auf eine Gruppe sogenannter Waffensammler mit zumindest Sympathien zum Nationalsozialismus. In den Bezirken Melk und Zwettl ausgeforscht wurden acht weitere Beschuldigte im Alter von 26 bis 54 Jahren. Bei Hausdurchsuchungen sichergestellt wurden zahlreiche NS-Devotionalien, Kriegsmaterial, illegale Schusswaffen und verbotene Waffen, große Mengen an Munition sowie teils selbst hergestellte Handgranaten.
Der 54-Jährige, der in der Vergangenheit Teil der neonazistischen Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO) gewesen sein dürfte und auch seine drei eigenen Kinder mit der NS-Ideologie indoktriniert haben soll, wurde im Mai in St. Pölten wegen Verstößen gegen Verbots- und Waffengesetz zu sechs Monaten bedingt verurteilt. Der Schuldspruch ist rechtskräftig. Scherscher berichtete, dass ausgehend von dem 54-Jährigen „an die 100 Beschuldigte“ wegen Verstößen gegen Verbots- und Waffengesetz angezeigt wurden. Die Ermittlungen gegen den Mann aus dem Bezirk Melk waren auch Ausgangspunkt für den am 25. September vom Staatsschutz koordinierten Einsatz gegen ein rechtsextremes Netzwerk, das unter Verdacht steht, einen illegalen NS-Devotionalienhandel betrieben zu haben.
Illegale Schusswaffen und tausende Stück Munition
Auf eine Gruppierung von laut Innenminister Karner „sogenannten Waffennarren“ stieß das LSE auch in St. Pölten. Als Beschuldigte ausgeforscht wurden in dem Zusammenhang nach Angaben von Scherscher zehn Beschuldigte, sie wurden angezeigt. Bei Hausdurchsuchungen sichergestellt wurden in dieser Causa illegale Schusswaffen, ein Maschinengewehr, Faustfeuer- und Langwaffen, verbotene Waffen, Schalldämpfer, ein Teleskopschlagstock, verbotene Magazine, Bajonette, eine Armbrust sowie 2.253 Stück Munition. Über sieben Beschuldigte wurde ein Waffenverbot ausgesprochen.