Am Wiener Landesgericht ist gegen fünf Burschen im Alter zwischen 16 und 18 verhandelt worden, die seit vergangenem November in Wien und Niederösterreich gezielt und arbeitsteilig hochpreisige Pkw gestohlen hatten. Nicht etwa, um diese weiterzuverkaufen und damit an Bargeld zu kommen. „Wir haben sie ausschließlich benutzt, um rumzufahren. Als wären sie unsere Autos“, schilderte der Hauptangeklagte.

Polizei tappte im Dunkeln

„Er hat sich nur für Autos interessiert. Der einzige Moment, wo er sich sicher gefühlt hat, war, wenn er am Steuer in einem dicken Auto gesessen ist“, sagte Lukas Hruby (Kanzlei Arbacher-Stöger & Thaler), der Verteidiger des 18-Jährigen. Sein Mandant sei „ein Autonarr“. Daher sei er, obwohl bereits wegen Diebstahls von zahlreichen Luxus-Autos einschlägig vorbestraft, neuerlich straffällig geworden.

„Ich bekenne mich hundertprozentig schuldig“, legte der beschäftigungslose 18-Jährige vor einem Schöffensenat ein umfassendes Geständnis ab und belastete seine vier Mitangeklagten. Er hatte auf Internet-Plattformen gezielt nach verlockenden Autos gesucht, die zum Kauf angeboten wurden. Nachdem er die Adressen mit den Standorten herausgefunden hatte, drang er mit seinen Mittätern in unterschiedlicher Zusammensetzung in die Garagen, Werkstätten und Firmengelände ein, suchte die Objekte seiner Begierde und brach diese gekonnt auf. Mit zuvor gestohlenen Nummerntafeln, die man schnell austauschte, fuhr die Jugendbande dann die entwendeten Autos in öffentliche Parkhäuser und stellte diese dort erst einmal ab. Als gesichert war, dass die Polizei ihnen nicht auf der Spur war, verleibten sie das jeweilige Beutestück ihrem Fuhrpark ein.

Der Hauptangeklagte fuhr mit Vorliebe einen Audi S6, ein anderer 18-Jähriger bevorzugte dagegen einen Porsche 911 Carrera. Entwendet wurden weiters ein Mercedes 350S und mehrere Sportwagen-Modelle der Marke BMW. „Wir haben gern Rundfahrten gemacht“, schilderte der Hauptangeklagte freimütig. Wie viele Autos die Bande - die Anklage lautete auf gewerbsmäßigen schweren Einbruchsdiebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung - in verschiedenen Parkhäusern für Ausfahrten bereitgehalten wurde, wusste der 18-Jährige in seiner Einvernahme nicht mehr. Er habe den Überblick verloren, räumte er ein. Auch die Frage nach der Anzahl der gestohlenen Nummerntafeln konnte er nicht beantworten: „Ich kann mich nicht erinnern. Es waren zu viele.“ Die Antwort auf die Frage, auf welche Marken er aus gewesen sei, kam dagegen wie aus der Pistole geschossen: „Wir wollten nie einen Skoda.“

Auf Social Media damit geprahlt

Lange konnte sich die mittelklasseablehnende Bande am erbeuteten Porsche 911 Carrera nicht erfreuen. Er wurde zu Schrott gefahren, was der Hauptangeklagte wie folgt schilderte: „Ich hab‘ ihm (dem gleichaltrigen Lenker, Anm.) gesagt, er soll nicht so viel Gas geben. Weil es nass ist und Sommerreifen oben waren.“ Sein Freund habe seinen Rat nicht beherzigt: „Er ist mit dem Porsche gegen die Wand gefahren.“ Bei dem Unfall - der Wagen war ins Schleudern geraten - gab es zum Glück keine Verletzten. Den Porsche mussten die Jugendlichen allerdings abschreiben.

Ihre Ausfahrten inszenierten die autobegeisterten Burschen groß auf Social Media. Der Hauptangeklagte unterhielt eine Instagram-Fangemeinde, die er laufend mit Clips beglückte, die ihn lässig am Steuer zeigten. In Bedrängnis kam der 18-Jährige allerdings, als er am 6. März mit einem gestohlenen Mercedes SL in eine Polizeikontrolle geriet. Er gab nicht klein bei, sondern stieg aufs Gaspedal. „Er hat sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei über mehrere Bundesländer bis über den Wechsel geliefert“, berichtete die Staatsanwältin, die dem Burschen aufgrund dessen auch vorsätzliche Gemeingefährdung ankreidete. Auf bis zu 255 km/h habe dieser sein Gefährt beschleunigt, riskante Überholmanöver getätigt und damit andere Verkehrsteilnehmer in Lebensgefahr gebracht, um der Polizei zu entwischen.

Cobra im Einsatz

„Er hat sogar eine Sperre von polizeilichen Dienstfahrzeugen durchbrochen“, hielt die Staatsanwältin fest. Die Einsatzgruppe Cobra hatte bei Guntramsdorf die Fahrbahn mit mehreren Einsatzfahrzeugen blockiert. Der 18-Jährige scherte aus, wechselte auf die Gegenfahrbahn und touchierte dabei mit einem Polizeiauto, konnte jedoch die Fahrt fortsetzen. Erst in Fürstenfeld konnte er angehalten und festgenommen werden.

Die Mitangeklagten - mit einer Ausnahme sitzen alle in U-Haft - waren teilweise geständig. Er habe „aus Dummheit und Gruppendynamik“ mitgemacht, räumte ein anderer 18-Jähriger ein. „Er ist ein anständiger Typ mit Zielen. Seine Eltern schämen sich und würden ihm am liebsten eine geben“, meinte sein Verteidiger.

Den Versuch einiger Beschuldigter, den Hauptangeklagten als ihren „Anführer“ darzustellen, wies dessen Rechtsbeistand zurück. „Er war nicht der Rädelsführer. Er war halt der Einzige, der halbwegs was von Autos versteht. Er war der Einäugige unter Blinden“, meinte Anwalt Hruby. Die Verhandlung wurde zur Einvernahme zahlreicher Zeugen vertagt.