Um einen halben Tag pro Kopf ist die Zahl der Krankenstände von 2022 auf 2023 gestiegen. Das zeigen die aktuellen Zahlen von Statistik Austria und dem Dachverband der Sozialversicherungsträger. Damit sind die Krankenstände auf dem höchsten Niveau seit 30 Jahren. „Verwunderlich“, findet der Gesundheitsökonom Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS). „Man hätte eigentlich erwarten dürfen, dass die Krankenstände zurückgehen, weil Covid weniger Rolle gespielt hat. Aber somit ist der Krankenstand pro Versichertem relativ hoch.“ Auch der Effekt, dass mehr Menschen eher die Homeoffice-Möglichkeit vor einem „richtigen“ Krankenstand nutzen, ist 2023 damit ausgeblieben. Czypionka ortet negative Folgen für die Wirtschaft.

Konkret waren unselbstständige Erwerbstätige im vergangenen Jahr im Schnitt 15,4 Tage im Krankenstand, 2022 waren es 14,9 Tage. Frauen waren im Jahresverlauf durchschnittlich 16,2 Tage im Krankenstand und damit um 1,6 Tage länger als Männer. Der häufigste Grund für Krankenstände war eine Erkrankung des Atmungssystems, gefolgt von infektiösen und parasitären Erkrankungen und Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems.

Volkswirtschaftliche Kosten hoch

Was Covid angeht, so gilt bei der Statistik zu beachten, dass bis Mitte 2022 Coviderkrankungen noch nicht als Krankenstände gezählt haben. Doch das dürfte bei Weitem nicht der einzige Grund für die gestiegene Zahl sein. Zum einen seien die Menschen aufgrund der Pandemie mehr sensibilisiert, meint Gesundheitsökonom Czypionka. Erkrankte Menschen blieben eher zu Hause, anstatt mit Husten oder Schnupfen in die Arbeit zu kommen. Doch gleichzeitig zeigt sich, dass wohl wieder „leichtsinniger“ mit dem möglichen Ansteckungsrisiko umgegangen wird, sagt Czypionka. Bedeutet: „2022 waren Maßnahmen wie Abstand halten oder bei Symptomen Maske tragen schon noch in den Köpfen. Jetzt eher nicht mehr.“ Das würde auch erklären, warum die Atemwegs- und Infektionserkrankungen die häufigsten Gründe für Krankenstände sind.

Ökonomisch gesehen sei das jedenfalls „sehr ungünstig“, sagt Czypionka. Die volkswirtschaftlichen Kosten beziffert er auf etwa vier Milliarden Euro jährlich. „Ich verstehe die Passivität der Wirtschaft nicht.“ Der IHS-Experte spricht sich etwa für mehr Maßnahmen aus, was die Raumhygiene, also Lüftungen und Co. angeht. Auch müsste man wieder an die Eigenverantwortung der Bevölkerung appellieren, etwa an das Maskentragen, wenn man sich krank fühlt.

Anders als bei den Krankenständen sind bei den Frühpensionen psychische Erkrankungen der häufigste Grund, das zeigen gestern veröffentlichte Zahlen. Auch hier zeigt sich eine Steigerung: 12.872 Personen traten frühzeitig ihren Ruhestand an, 1,4 Prozent mehr als 2022.