Der Burgauer „Schweineflüsterer“ Norbert Hackl hat ausgeflüstert. Sein Vorzeige-Bio-Hof „Labonca“ ist pleite, nichts blieb mehr von der Idee, dass seine 300 Schweine ein glückliches Leben führen dürfen - mit genug Platz und einer Weideschlachtung, die den Tieren komplett den Stress nimmt. Die Insolvenz ist nicht neu, der Südoststeirer Norbert Hackl musste sie bereits Ende 2023 anmelden, doch am heutigen Dienstag hat der Schladminger Bio-Bauer Hannes Royer das Scheitern dieses Hofes symptomatisch für ein gesellschaftliches Phänomen rund um Biolandwirtschaft und Konsumverhalten zitiert. „Wir sind eine heuchlerische Gesellschaft, denn wir sind es selbst, die zwar Tierwohl überall fordern, aber dann rennen wir doch den Aktionen und dem billigsten Preis nach.“

Bio-Landwirtschaft ist zwar von der Idee her wichtig, doch das österreichische Verhalten zeigt, dass es nicht bis zur Kaufentscheidung reicht.
Bio-Landwirtschaft ist zwar von der Idee her wichtig, doch das österreichische Verhalten zeigt, dass es nicht bis zur Kaufentscheidung reicht. © Land Schafft Leben

Im Zuge der Präsentation des aktuellen Lebensmittelreportes von „Land schafft Leben“ gingen die beiden Gründer, Hannes Royer und Maria Fanninger, auf jene Zahlen ein, die für den 70-seitigen Report im Laufe eines Jahres recherchiert wurden. Und die zeigen, dass 96 Prozent der österreichischen Schweineproduktion konventionell stattfindet, nur vier Prozent sind biologisch. „Doch auch diese vier Prozent werden nicht von den Österreichern gekauft, wir konsumieren nur 1,4 Prozent, der Rest wird exportiert. Vor allem nach Berlin.“ so Royer. Ebenfalls im Bericht dargestellt wird der Bio-Anteil von anderen Lebensmitteln, wie Milch, Eier oder eben Fleisch (über alle Arten) und in allen drei Kategorien liegen die Kaufentscheidungen unter den geforderten Erwartungen an die Produzenten (siehe Grafik). 25 Prozent bei Milch, 13 Prozent bei Eiern und vier Prozent beim Fleisch. Fanninger: „Wir treffen 70 Prozent unserer Entscheidungen unterbewusst und bei 90 Prozent sind Emotionen ausschlaggebend, was wir kaufen. Wir haben also oft kein Bewusstsein, dass wir mit jeder Kaufentscheidung einen Produktionsauftrag erteilen“, so Fanninger.

Insgesamt konsumieren die Österreicherinnen und Österreich laut dem Report 1,5 Tonnen Lebensmittel pro Jahr. Und pro Haushalt werden 392 Euro pro Monat für Lebensmittel ausgegeben. Maria Fanninger: „Zum Vergleich: Pro Jahr werden pro Haushalt Lebensmittel im Wert von 800 Euro weggeworfen, in Privathaushalten ist der Anteil von Essen, das im Müll landet, am höchsten“

Haltungskennzeichnung gefordert

Im Zusammenhang damit erneuerten die Experten auch die politische Forderung nach einer verpflichtenden Herkunfts- und Haltungskennzeichnung im Lebensmittelhandel, auch bei der Importware, sowie in Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung. "Obwohl vor allem die Haltungskennzeichnung in der Bauernschaft umstritten ist, sind wir der Meinung, dass mehr Transparenz langfristig zu höherer Qualität führt", meinte Royer. Diese Entwicklung habe man auch in verschiedensten anderen Bereichen gesehen. Es brauche aber auch ein Bekenntnis von Konsumentinnen und Konsumenten: Einen Tierwohlstall würden Landwirtinnen und Landwirte beispielsweise für die nächsten 30 Jahre bauen und er setzt hohe Investitionen voraus - "Wenn der Konsument dann nach drei Jahren entscheidet, doch wieder Billigprodukte zu kaufen, wer zahlt dann den Kredit zurück?", fragte er.

© Land Schafft Leben

Zudem spielen eben Aktionen im Lebensmitteleinzelhandel hierzulande eine große Rolle - das hat Royer schon öfter hart kritisiert. Mit durchschnittlich 30 bis 40 Prozent ist der Aktionsanteil im EU-Vergleich nur in Tschechien noch höher. Beim Kauf von Fleisch lag der Anteil 2023 bei 44 Prozent (siehe Grafik). Die Produkte, die in Österreich am häufigsten in Aktion gekauft werden, sind aber Bier und Kaffee. Beim Bier liegt der Anteil bei rund 70 Prozent - während Großereignissen wie aktuell der Fußball-Europameisterschaft steigt dieser Wert noch mal an.

Bei all der Kritik glauben Royer und Fanninger dennoch an ein Umdenken: „Wir müssen ohnehin den Fokus verändern und mehr auf das Ganze schauen und wir sind überzeugt, das können wir auch.“

Warum wir billige Lebensmittel so gut finden - Hannes Royer im Podcast