Rassistische Parolen, die zum Song „L‘Amour Toujours“ von betrunkenen jungen Erwachsenen auf Sylt gesungen werden, sind kein Einzelfall. Der Partyhit von Gigi D’Agostino wurde längst von der rechtsextremen Szene gekapert. Schon lange vor dem Sylt-Video, das breite Empörung auslöste, wurden zu „L‘Amour Toujours“ rechtsextreme und fremdenfeindliche Parolen gegrölt.
Neue Symbole, neue Grenzen
Neu ist der Trend nicht. „Von rechtsextremen Kreisen werden ganz bewusst Dinge aufgegriffen, die populär sind, darüber werden dann Botschaften gestülpt“, sagt Florian Zeller vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Auf den Hitlergruß und andere klar erkennbare Symbole verzichten Teile der extremen Rechte - auch weil diese im Gegensatz zu den neuen Methoden strafrechtlich relevant sind.
Strafrechtlich verfolgbar sind solche Aktionen nicht, die Botschaft kommt an. Und: Der Aufschrei in der Zivilgesellschaft ist nicht so groß, wie wenn eindeutig neo-nationalsozialistische oder andere rechtsextreme Symbole gezeigt werden. „Wir nehmen eine Normalisierung von rechtsextremen Aussagen und Verschiebung des Sagbaren wahr - die Strategie geht also schon teilweise auf“, analysiert Zellner.
Pro & Contra zum Verbot von „L‘Amour Toujours“
Gegenstand von Diskussion bleibt der Umgang mit Symbolen und Liedern, die von rechtsextremen Kreisen vereinnahmt wurden. In Österreich und Deutschland ist nach der Veröffentlichung des Sylt-Videos „L’Amour Toujours“ von einigen Radiosendern aus den Playlisten genommen worden. Die UEFA verbot dem ÖFB-Nationalteam, den Partyhit als Jubelsong bei der bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft zu verwenden.
Zeller sieht die Sache differenziert. „Wenn sich der Künstler gegen Rechtsextremismus ausspricht, halte ich einen Boykott nicht für sinnvoll. Vielmehr sollten Veranstalter aufmerksam sein, wenn rechte Parolen gesungen werden und gegebenenfalls einschreiten, sei es mit dem Abdrehen der Musik oder dem Verweis der Personen.“
Die Zivilgesellschaft hätte gezeigt, wie man mit dem Song umgehen könne. Auf Social Media kursieren mittlerweile zahlreiche Videos, in denen „L’Amour Toujours“ mit tolerantem Text gesungen wird.