Die Berghütten und Wege „bröckeln uns buchstäblich weg“. Es ist ein dramatisch klingender „Hilferuf“, den die alpinen Vereine absetzen. In den Bergen sperren immer mehr Hütten zu und Wege werden aufgelassen. 95 Millionen Euro fordern die Vereine jetzt von der Bundesregierung, damit sie die 272 Schutzhütten und 50.000 Kilometer an Wanderwegen ehrenamtlich weiterbetreuen und erhalten können.

Die Rede ist von einer „akuten Notlage, die Herausforderungen werden größer“, warnt Gerald Dunkel-Schwarzenberger, Präsident des Verbands alpiner Vereine Österreichs. Einerseits sind die Hütten mitunter „sehr alt“ – einige mehr als 150 Jahre – und benötigen Sanierungsarbeiten. Andererseits setzt der Klimawandel den Bergen zu. „Der tauende Permafrost ist riesiges Thema, der Boden bröselt weg. Die extremen Wetterereignisse gehen den Hütten und Wegen an die Substanz. Und die Wasserknappheit führt dazu, dass die Saison mancherorts früher beendet werden muss“, zählt Dunkel-Schwarzenberger auf.

Drei bis vier Hütten hat man in der vergangenen Zeit pro Jahr schließen müssen. Auch einzelne Wege werden gesperrt oder aufgelassen, weil sie für Wanderinnen und Wanderer nicht mehr sicher sind. Betroffen sind oder waren in der Steiermark und in Kärnten etwa das Buchsteinhaus und das Hochanger-Schutzhaus, die Wangenlitzseehütte im Nationalpark Hohe Tauern, die Johann-Waller-Hütte am Schöckl, die Seethalerhütte am Dachstein, die auf einer zugefrorenen Doline stand, das Zittelhaus am Hohen Sonnblick, zählt Günter Abraham, Geschäftsführer von den Naturfreunden Österreich, auf. Auch die Ehrenamtlichen, die die Wege und Hütte erhalten, haben mit erschwerten Arbeitsbedingungen aufgrund von Extremwetterereignissen zu kämpfen, sagt Wolfgang Schnabl, Präsident des Österreichischen Alpenvereins. Allein beim Alpenverein sind es 1000 Ehrenamtliche.

Günter Abraham (Bundesgeschäftsführer Naturfreunde Österreich), Gerald Dunkel-Schwarzenberger (Präsident im Verband alpiner Vereine Österreichs), Wolfgang Schnabl (Präsident im Österreichischen Alpenverein, Michael Platzer (GF Österreichischer Touristenklub)
Günter Abraham (Bundesgeschäftsführer Naturfreunde Österreich), Gerald Dunkel-Schwarzenberger (Präsident im Verband alpiner Vereine Österreichs), Wolfgang Schnabl (Präsident im Österreichischen Alpenverein, Michael Platzer (GF Österreichischer Touristenklub) © Alpenverein/P. Neuner-Knabl

Tourismus in Gefahr

Die alpinen Vereine sind von Fördergeldern und Mitgliedsbeiträgen abhängig. Die Fördermittel von derzeit sechs Millionen Euro für die alpinen Vereine decken nur rund 18 Prozent der laufenden Instandhaltungskosten für Hütten, erläutert Dunkel-Schwarzenberger. Einiges an Sanierungsarbeiten habe sich über die Jahre angestaut, deswegen sei die Summe von 95 Millionen Euro jetzt notwendig. „Sie basiert auf dem, was es für die nächsten fünf Jahre zu tun gibt, um den dringlichsten Bedarf abzudecken.“ Die Sonderdotierung solle in einem Jahr aufgestellt und im nächsten Regierungsprogramm verankert sein, so der Wunsch. Die Bundesmittel für die Vereine seien seit 2013 nicht mehr an die Inflation angepasst worden. Zugleich sind laut den alpinen Vereinen die Baukosten im Tal seitdem um 42 Prozent gestiegen, im Hochgebirge noch mehr.

Der Bergtourismus sei in Gefahr, sagt Michael Platzer, Geschäftsführer des Österreichischen Touristenklubs. „Mit 300.000 Euro an Fördermitteln für den Touristenklub können wir keinen Ersatzbau einer Schutzhütte realisieren, wenn dieser in der Regel drei bis vier Millionen Euro kostet.“ Am Großvenediger habe man in letzter Zeit eine Hütte zusperren müssen, damit sei der Tourismus in der Region weggebrochen, Pensionen, Taxi-Unternehmen und vor allem auch Bergführer leiden wirtschaftlich. „Wird eine Schutzhütte aufgegeben, werden auch die Wege nicht mehr begangen und damit stellt sich unweigerlich die Frage, wie Österreichs Wirtschaft ohne Sommertourismus überleben wird“, sagt Platzer.