Auch aufgrund seiner „beispiellosen kriminellen Energie“ wird der im Inzestfall von Amstetten zu lebenslang verurteilte Josef F. nicht in Freiheit kommen. Die bedingte Entlassung wurde von einem Kremser Dreiersenat in einer nicht rechtskräftigen Entscheidung abgelehnt. Bedingt verlegt wird der 89-Jährige aber vom Maßnahmen- in den Normalvollzug. F. war 2009 in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher - nunmehr forensisch-therapeutisches Zentrum - eingewiesen worden.

Der am Dienstag kommunizierte schriftliche Beschluss des Drei-Richterinnen-Senats des Landesgerichts Krems beinhaltet eine Probezeit von zehn Jahren. Er fußt auf der nicht-öffentlichen Anhörung von Josef F. in der Justizanstalt Stein vom 30. April, bei der auch das psychiatrische Gutachten der Sachverständigen Adelheid Kastner Thema war.

Hinsichtlich der generellen bedingten Entlassung aus dem Normalvollzug in die Freiheit hielt der Dreiersenat fest, dass diese „aus spezialpräventiven Gründen nicht möglich“ sei. Angesichts der „beispiellosen kriminellen Energie anlässlich der verurteilten Taten“ könne „von einer zukünftigen Deliktsfreiheit“ nicht ausgegangen werden. Es mangle an Erprobung im Entlassungsvollzug, einer erforderlichen Auseinandersetzung mit den Taten sowie an einer Wohnmöglichkeit samt sozialem Umfeld.

Festgestellt wurde jedoch, dass von Josef F. „keine Gefährlichkeit mehr ausgeht, die eine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum erforderlich macht“. Die für die Einweisung maßgebliche kombinierte Persönlichkeitsstörung sei „aufgrund einer umfassenden, fortschreitenden demenziellen Erkrankung und einem körperlichen Abbau“ sozusagen begraben worden. Die Gefährlichkeit des 89-Jährigen sei abgebaut, es sei mit keiner strafbaren Handlung mit schweren Folgen mehr zu rechnen. Vom Fortschreiten der chronischen Demenzerkrankung wird zudem ausgegangen. Gestützt hat sich der Drei-Richterinnen-Senat bei der Entscheidung neben dem psychiatrischen Gutachten von Kastner auch auf eine gerichtsmedizinische Expertise und aktuelle Befunde.

Verteidigerin: „Eindeutiges Gutachten“

Für die Staatsanwaltschaft bzw. die Verteidigung steht nach der Entscheidung des Drei-Richterinnen-Senats die Beschwerdemöglichkeit beim Oberlandesgericht (OLG) Wien offen. Die Frist beträgt 14 Tage. Wird Rechtsmittel erhoben, müsste das OLG erneut - wie zuletzt im März - über Aufhebung, Bestätigung oder Abänderung des Beschlusses entscheiden. Bis zur Rechtskraft muss der 89-Jährige jedenfalls im Maßnahmenvollzug bleiben.

Verteidigerin Astrid Wagner bezeichnete die Entscheidung über die bedingte Verlegung in den Normalvollzug im Gespräch mit der APA als folgerichtig. Es gebe „ein eindeutiges Gutachten“, Josef F. sei nicht mehr gefährlich. Es sei „ein erster Schritt“, der 89-Jährige werde „sich sicher sehr freuen“. Generelles Ziel bleibe die Entlassung ihres Mandanten in die Freiheit.

Die Causa Inzestfall Amstetten war Ende April 2008 bekannt geworden. Josef F. (der nun anders heißt) hatte seine Tochter 24 Jahre lang in einem Kellerverlies gefangen gehalten und mit ihr sieben Kinder gezeugt - eines starb nach der Geburt. Im März 2009 wurde der Angeklagte in St. Pölten zu lebenslanger Haft verurteilt, gleichzeitig wurde die Unterbringung im Maßnahmenvollzug aufgrund seiner Gefährlichkeit im Sinn des § 21 Absatz 2 StGB verfügt. Schuldig gesprochen wurde Josef F. wegen Mordes durch Unterlassung, Sklavenhandels, Freiheitsentziehung, Vergewaltigung, Blutschande sowie schwerer Nötigung und damit in allen Anklagepunkten.