Wiesen voller bunter Blumen werden in ganz Europa immer seltener. Wie sehr die Artenvielfalt bedroht ist, zeigt nun erstmals ein riesiges Archiv an Daten. Dahinter stecken 250 Forscherinnen und Forscher rund um Franz Essl von der Uni Wien; die Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist auch beteiligt. Mehr als 283.000 Beobachtungen aus 79.190 Lebensräumen in Europa hat man zusammengesammelt.

Aus den Daten lässt sich schon ablesen: „Artenreiche Blumenwiesen sind Mangelware, außerhalb von Schutzgebieten muss man sie mit der Lupe suchen. Das ist ein Alarmsignal, dass es unserer Natur nicht gut geht“, warnt Essl. Klimawandel und Bodenversiegelung würden die Ökosysteme unter Druck setzen. Dazu komme die intensive Landwirtschaft, der Dünger sorge bei verschiedenen Pflanzen dafür, dass sie ihre Samen nicht mehr verteilen können. Immer mehr Arten sind so über die vergangenen Jahrzehnte schon verschwunden, sagt Essl, „selten geworden sind zum Beispiel Orchideenarten, Wiesensalbei oder Margeriten“. Wenn es so weitergeht, „dann bestehen Wiesen bald nur mehr aus Gräsern und vielleicht noch Löwenzahn.“

Biodiversitätsforscher Franz Essl
Biodiversitätsforscher Franz Essl © APA/FLORIAN WIESER

Gefährliche Kettenreaktion

Der Biodiversitätsforscher warnt vor einer Kettenreaktion: Leidet die Pflanzenvielfalt, leidet die Welt der Insekten. Das gehe so weit, dass schließlich die Ernährungssicherheit gefährdet ist. „Die durch die Datenbank möglichen Analysen können zeigen, wie stark die Artenrückgänge während der letzten Jahrzehnte waren“, sagt Essl. Das Tempo: teils rasant. Die ältesten Vergleichsdaten im Projekt „ReSurveyEurope“ sind von 1911. Auch Modelle für die Zukunft lassen sich erstellen.

Essl fordert politische Maßnahmen gegen das Artensterben, etwa Renaturierung und mehr Schutzgebiete. Die Ziele seien in der Biodiversitätsstrategie festgelegt. Kritik übt Essl an der „Blockade der Bundesländer“ des Renaturierungsgesetzes. Was die Landwirtschaft angeht, ist der Forscher für eine „Balance zwischen Ertragssteigerung und nachhaltigem Anbau“.