Weil er mit einer jungen Frau, die er in einer Bar kennengelernt hatte, am 9. März 2024 entgegen ihrer ausdrücklichen Aufforderung ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte, ist am Mittwoch am Landesgericht gegen einen bisher unbescholtenen 32-jährigen verhandelt worden. Der Vorwurf lautete auf „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ (§ 205a StGB), wofür das Strafgesetzbuch bis zu zwei Jahre Haft vorsieht. Der Angeklagte wurde nicht rechtskräftig freigesprochen.
Fest steht, dass sich der Mann und die 24 Jahre alte Irin, die in Berlin lebt, nach einem Rock-Konzert in Wien kennengelernt hatten. Bereits in der Bar kam es zum Austausch von Zärtlichkeiten, schließlich begleitete der Mann die junge Frau in ihre Airbnb-Wohnung, wo es zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr kam. Zunächst benutzte der 32-Jährige auch ein Kondom, beim zweiten Mal aber nicht mehr. Die Frau griff darauf hin zu einem Pfefferspray und verlangte von dem Mann die Herausgabe seines Namens, seiner Adresse und seiner Telefonnummer. Bis auf die Nummer machte der 32-Jährige falsche Angaben, er konnte allerdings über die Nummer ausgeforscht und von ihr zur Anzeige gebracht werden.
Sie haben „nicht nachgefragt“
Vor Gericht behauptete nun der Mann, er habe sich nach dem ersten Mal vom Bett erhoben und das benutzte Kondom abgestreift, wobei er der Frau den Rücken zugewandt hätte. Sie habe das mitbekommen müssen. Dann sei man sich noch ein Mal näher gekommen, nachdem er die Toilette aufgesucht hatte, wobei die Frau nach ihm gegriffen hätte und gespürt haben müsse, dass er diesmal kein Kondom benutzte. Stealthing - das für die Frau unbemerkte Abstreifen des Kondoms bei einvernehmlichem Geschlechtsverkehr - liege also nicht vor. Die Frau habe ja "nicht nachgefragt".
Die 24-Jährige schilderte im Anschluss, sie habe beim zweiten Geschlechtsverkehr erst im Nachhinein gemerkt, "dass er kein Kondom hatte". Sie habe vorgegeben, eine Zigarette rauchen zu wollen, um mit dieser Ausrede aus dem Bett zu kommen, und dann mittels Pfefferspray seine Daten verlangt: "Das war nicht das, wozu ich zugestimmt habe." Der Mann habe auf ihre Vorgangsweise "schockiert, überrascht" reagiert: "Ich wollte nur die Anzeige machen, damit ich alle medizinischen Tests bekomme und es ihm aufzeige, falls er so etwas schon ein Mal gemacht hat." Hinsichtlich der zeitlichen Abläufe in der von ihr angemieteten Wohnung und in Details widersprach die Zeugin bei ihrer Aussage ihren ursprünglichen Angaben bei der Polizei, worauf Verteidiger Ernst Schillhammer mehrfach hinwies.
Glatter Freispruch
Am Ende fällte der Richter einen "glatten Freispruch", wie er betonte. "Ich bin mir absolut sicher, dass Sie hier nicht gelogen haben", beschied er dem Angeklagten. Die Zeugin habe "nicht vorsätzlich gelogen. Sie hat es so erzählt, wie sie es erlebt hat". Es gebe allerdings keinen Grund, an der Schilderung des Angeklagten zu zweifeln, der "einen sehr guten Eindruck" hinterlassen habe. Der Mann sei offenbar davon ausgegangen, dass die Frau mit dem ungeschützten Geschlechtsverkehr einverstanden war, nachdem sie ihn vor dem zweiten Mal am Penis berührt hätte. Insofern habe es "ein Missverständnis" gegeben. Es wäre "eleganter und besser" gewesen, es auch noch mit Worten "klarzustellen", stellte der Richter in der Urteilsbegründung fest.
Der Anklagevertreter gab vorerst keine Erklärung ab. Der Freispruch ist damit nicht rechtskräftig. Die junge Frau war eigens mit dem Flugzeug von Berlin nach Wien gekommen, um unter Wahrheitspflicht ihrer Zeuginnenpflicht nachzukommen.