Nach der kurz vor Weihnachten erfolgten Festnahme von drei Terror-Verdächtigen in einer Flüchtlingsunterkunft in Wien-Ottakring, gegen die wegen angeblicher Anschlagspläne auf den Stephansdom ermittelt wird, ist eine „latent erhöhte Gefährdungslage“ gegeben. Der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) liegen aber „derzeit keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung von Silvester-Veranstaltungen“ vor, betonte der stellvertretende DSN-Direktor Michael Lohnegger.
Das Innenministerium hatte am Freitag zu einer Pressekonferenz geladen, um die polizeilichen Maßnahmen vorzustellen, die einen für die Bevölkerung sicheren Jahreswechsel garantieren sollen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach von einem „ganz besonders herausfordernden Tag“. Die Exekutive werde zu Silvester „alles Menschenmögliche tun, damit die Menschen in diesem Land gut ins neue Jahr rutschen und fröhlich das neue Jahr begrüßen können“, sagte Karner.
Hamas-Angriff als Wendepunkt
Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober ist hierzulande die Terrorwarnstufe 4 in Kraft. Die damit verbundenen erhöhten Schutzmaßnahmen – sowohl sichtbare als auch verdeckte – bleiben aufrecht – „und zwar für das gesamte Bundesgebiet“, wie der Innenminister betonte. Spezial- und Einsatzeinheiten der Exekutive werden damit über den Jahreswechsel hinaus Präsenz zeigen, auch technische Hilfsmittel wie Drohnen werden als zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen eingesetzt. In den einzelnen Bundesländern wurden Einsatzstäbe gebildet, betonte Karner: „Schnelle Interventionsteams stehen in den Ländern bereit, um die Sicherheit von Großveranstaltungen zu gewährleisten.“
Zum Hintergrund
Zuvor hatte die Tageszeitung „Heute“ Details zu den inhaftierten drei Terror-Verdächtigen – darunter ihre Herkunft und ihre Verbindungen – öffentlich gemacht. Die drei befinden sich mittlerweile in U-Haft, weil das Wiener Landesgericht für Strafsachen im Hinblick auf die Silvesterfeierlichkeiten Tatbegehungsgefahr sieht. In seinem U-Haft-Beschluss geht das Landesgericht davon aus, dass die Beschuldigten „auf freien Fuß gesetzt, ihren Tatplan (schon wegen der zeitlich unverrückbaren Großveranstaltung ‚Silvestermeile‘ am 31.12.) mithilfe derzeit teils noch unbekannter Täter umsetzen könnten“. Das Gericht sieht außerdem Verdunkelungsgefahr. Die Verdächtigen könnten „versuchen, Beweismittel zu verbringen bzw. zu vernichten, wie es bereits seit dem 20.12.2023 mit vielen Inhalten der Mobiltelefone geschehen ist, bzw. weitere noch auszuforschende Mittäter warnen oder sich mit ihnen verabreden“, wird in dem der APA vorliegenden U-Haft-Beschluss festgehalten.
Nähere Details zu verhafteten Islamisten bekannt
Die drei Beschuldigten – laut „Heute“ ein 28 Jahre alter gebürtiger Tadschike, seine um ein Jahr jüngere Ehefrau sowie ein 47-jähriger Mann mit tschetschenischen Wurzeln – sollen einem Länder übergreifenden radikalislamischen Terror-Netzwerk angehören, dem Anschlagspläne auf den Kölner Dom und den Stephansdom zugeschrieben werden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen das Trio wegen terroristischer Vereinigung (§278b StGB) in Verbindung mit terroristischer Straftaten (§278c StGB). Im Zug einer Hausdurchsuchung waren bei den drei mutmaßlichen Islamisten, die die wider sie erhobenen Vorwürfe abstreiten, Datenträger – offenbar nicht weniger als 14 Mobiltelefone – sichergestellt worden, die nun ausgewertet werden. Dabei sollte sich zeigen, ob es einen tatsächlichen Bezug zur Terrorgruppe „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) gibt, über den in Medienberichten spekuliert worden war.
Laut „Heute“ soll es bereits am 8. Dezember 2023 in der Flüchtlingsunterkunft zu einem „konspirativen Treffen“ gekommen sein. An diesem Treffen soll auch ein 30 Jahre alter Tadschdike teilgenommen haben, der aus Deutschland angereist war und den Stephansdom „in einer für Touristen untypischen Weise“ gefilmt, auf Überwachungskameras überprüft und das Gemäuer abgeklopft haben soll. Der 30-Jährige, der dem deutschen Verfassungsschutz schon seit Längerem bekannt war und daher observiert wurde, soll Bezüge zum IS aufweisen.