Die Bilder von Pro-Palästina-Demos in ganz Europa lassen Kritik an der Integrationspolitik der letzten Jahre laut werden. Zugleich erstarken rechtspopulistische Kräfte wie etwa Geert Wilders, der die Wahlen in den Niederlanden für sich entschied. Europas Kurs in der Integration steht am Scheideweg.

Härtere Maßnahmen gefordert

Zuletzt hat sich auch der politische Diskurs in Österreich wieder zugespitzt. Sowohl von Teilen der Wiener SPÖ als auch von der niederösterreichischen ÖVP werden harte Konsequenzen für jene Zuwanderer gefordert, die mit radikalen Anschauungen auffällig werden. Vor allem Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hat mit dem Vorschlag, Migranten die Staatsbürgerschaft zu entziehen oder die Verleihung zu verzögern, wenn sie mit Verhetzung auffällig werden, für Aufregung gesorgt. Und auch der pinke Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr meint: „Österreich, wir haben ein Problem.“

Für die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger von der WU Wien ist die Lage derzeit angespannt. Antisemitismus sei kein rein muslimisches Phänomen in Österreich, sagt die Expertin. Dennoch sei es nun wichtig, westliche Werte besser zu vermitteln. Kohlenberger appelliert, dass man bei der Jugend ansetzen müsse.

Kohlenberger will Werte vorleben lassen

Konkret geht es darum, auch im Bildungssystem an Stellschrauben zu drehen, um Werte klar sichtbar zu machen. Für die Gesellschaft sei es wiederum wichtig, „Werte mit Leben zu erfüllen“. Kohlenberger sagt: „Wenn wir zu Recht sagen, dass Antisemitismus hier keinen Platz hat, müssen wir diese Werte vorleben und zeigen, was das heißt.“

Härtere Maßnahmen, wie beispielsweise einen erschwerten Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft, sieht die Expertin jedoch kontraproduktiv. Immerhin hätte die Staatsbürgerschaft auch positive Effekte auf die Integration. Gerade Frauen würden dadurch einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt und mehr soziale Kontakte bekommen, die letztlich entscheidend sind.

„Es braucht letztlich einen Mix aus Fordern und Fördern“, sagt Kohlenberg. Mit Deutschkursen und anderen zielgerichteteren Maßnahmen könne man die Integrationsbereitschaft fördern und Werte gut vermitteln, die man danach einfordern könne, sagt die Expertin. Härtere Maßnahmen würden hingegen die Distanz zu den Werten teils verstärken.