Mehrere Menschen werden von einer Eisplatte, die sich gelöst hat, in den Tod gerissen; die italienische Stadt Verona rationiert Trinkwasser wegen einer Dürre und in Arriach herrscht nach Unwettern noch immer Ausnahmezustand. Der Klimawandel zeigt sich aktuell in seinen schockierendsten Facetten. Und wir? Wir lachen über krumme Gurken. Aber von Anfang an.
Der Klimarat - ein zufällig ausgewähltes Gremium, repräsentativ für die Bevölkerung - hat vor Kurzem Empfehlungen präsentiert, mit dem der Klimawandel eingedämmt werden soll. Insgesamt sind es mehr als 90. Manche davon mögen banal erscheinen, andere sind durchaus ambitioniert. Diskutiert werden sie aber alle. Ein kleiner Auszug gefällig?
Demnach soll es verboten werden, bei Geräten Sollbruchstellen einzubauen - sollte eigentlich selbstverständlich sein, oder? War es bis jetzt aber noch nicht. Der Vorschlag, dass Neuwaren nicht mehr vernichtet werden dürfen, sorgt eher für Entsetzen - war das bis jetzt erlaubt und Praxis? (Spoiler: Ja.) Auch "unschönes" Obst soll nicht mehr vernichtet, sondern verkauft werden, sofern es zum Verzehr geeignet ist. Eigentlich eine großartige Sache.
Klimarat: Verzerrte Berichterstattung & Panikmache
Trotzdem schaffen es manche Menschen und Medien, in Vorschlägen wie dem Letztgenannten einen Skandal zu orten. "Manche Tipps sind der Regierung sogar über zwei Millionen € wert – etwa, dass krummes Gemüse nicht weggeworfen werden muss", schreibt eine Nachrichtenplattform. Nein, dieser Tipp kostet uns nicht zwei Millionen Euro. Die zwei Millionen sind die vorläufig veranschlagten Kosten für das ganze Projekt.
But wait, there's more. In Hinblick auf die Empfehlung für Tempo 90 auf Bundesstraßen spricht die FPÖ Steiermark sogar von einem Anschlag auf Pendler, initiiert von Klima-Aktivisten. Während die einen wütend wettern, kichern andere über die "krummen Gurken", die jetzt verkauft werden sollen. Die Pointe? Gibt es nicht. Denn der Klimawandel ist kein Witz.
"Radikal" ist übrigens - entgegen den Behauptungen der FPÖ - nicht der Tempo-90-Vorschlag des Klimarats. Radikal sind die Muren, die alleine heuer diverse Bundesstraßen unter sich begraben und so das Tempo auf 0 gedrosselt haben.
Kritik? Ja bitte!
All das bedeutet jetzt nicht, dass die Vorschläge nicht kritisiert werden dürfen. Im Gegenteil. Nur durch aktiven Dialog kommen wir schlussendlich auch ins Tun. Zugegeben: Manche Maßnahmen sind tatsächlich einleuchtender als andere. Dass Mengenrabatte und Aktionen wie 1+1 gratis in Zeiten von Rekord-Inflation und Teuerungen verboten werden sollen, ist zum Beispiel nicht nachvollziehbar. Auch nicht, wenn man sich die Begründung dahinter ansieht. Solche Aktionen verleiten demnach dazu, mehr zu kaufen als man konsumieren (wolle).
Anstatt hier eine potenzielle finanzielle Zusatzbelastung zu schaffen, wäre Eigenverantwortung gefragt. In Familien oder Wohngemeinschaften werden die vier Becher Pudding, die man durch solche Aktionen erwirbt, in der Regel immer noch aufgegessen. Einzelpersonen beziehungsweise Single-Haushalte sollten mündig und verantwortungsvoll genug sein, um solche Aktionen gekonnt zu ignorieren. Foodwaste ist tatsächlich ein Problem, aber durch diesen Vorschlag wird es gewiss nicht gelöst. Hier geht es hier nicht um Rabatte, sondern um bewussten Konsum.
Herausfordernd könnte auch die geplante CO2-Bepreisung für Baustoffe oder die verpflichtende Leerstandsabgabe werden. Die weiteren Empfehlungen sind hier nachzulesen. Was schlussendlich umgesetzt wird, steht ohnehin noch zur Debatte. Aber immerhin setzten sich jetzt mehr Menschen mit dem Thema Klimawandel auseinander. Der nächste Schritt sind aktive Schritte.
Kein Quick-Fix
Fakt ist: Der Klimarat ist kein Quick-Fix für alle Probleme und schon gar nicht ist er beziehungsweise der Empfehlungskatalog perfekt. Aber er ist auch keine Lachnummer. Anstatt sich über Twitter und andere Plattformen über ehrliche Bemühungen lustig zu machen, heißt es anzupacken.
Gerne würden wir am Ende, wenn niemand einlenkt und wir noch mehr von Dürren, Trockenperioden und Extremwetterlagen geplagt werden, mit einem "Wir haben es ja gesagt!" aufwarten. Aber das Sprichwort "Wer zuletzt lacht, lacht am besten" greift hier nicht. Aber dafür ist die Lage zu ernst.
Claudia Mann