Die Urkunden sind beige, verstärkter Karton, sie liegen in einer schwarzen Mappe: Unsere Firma bedankt sich bei einigen Kollegen (und mir) für 25 oder mehr Jahre „engagierten Einsatz“. Dazu ein schönes, persönliches, ehrenvolles Wort vom Chefredakteur. Der Wind verbläst uns fast von der Terrasse, der Wein mundet. Der Chefredakteur muss weiter: Er eilt natürlich zum abendlichen Fußballspiel nach Wien. Ein Unermüdlicher. Eine Feier ohne Schnörkel, dafür von Herzen und mit schlichtem Stil.
25 Jahre! Bei mir sind es in Wahrheit schon fast 40. Was hat sich nicht alles verändert: Die Zeit, in der die Zeitung ihren Lesern etwas genuin Neues mitteilen konnte, ist lange vorbei. Wir sitzen nicht mehr am Flaschenhals des Nachrichtenstroms, sind nur mehr selten Geburtshelfer für das Bekanntwerden der großen Geschichten. Diese Sandspur wurde fortgespült wie die mechanische Schreibmaschine, das Manuskriptpapier und das sanft verklungene Rattern der Fernschreiber in der Redaktion. An die Stelle des Berichtens ist das Einordnen getreten, das Erklären, Vermessen, Bewerten. Wir wollen verstehbar machen, was geschieht – warum gerade jetzt, warum so und nicht anders. Im täglichen Überbietungswettlauf interessengeleiteter Kommunikation wollen wir öffentliche Debatten ehrlich makeln.
Die Aufgabe ist unverändert groß. Freilich, die heutige Zeitung erscheint manchem als überschaubare Übung, wenn sie fertig gedruckt auf dem Tisch liegt. Aber wir machen ja täglich die noch unbekannte Zeitung von morgen. Und dazu ein 24-Stunden-Multimedia-Nachrichtenportal, das besser, präziser, interessanter und nützlicher sein muss als das Grundrauschen im Netz. Kein Tag ist planbar, kein Urlaub der letzten Jahrzehnte blieb unangetastet vom mitreißenden Zeitgeschehen. Es gibt immer was zu tun, noch ein paar Anrufe, Mails, Recherchen, Leserpost, Bücher, Gespräche, Begegnungen. Kontakte sind das Um und Auf, Neugier ist der Dreh- und Angelpunkt. Ein wunderbarer und ein wunderbar atemberaubender Beruf. Für uns nach Jahrzehnten noch immer der schönste.
Sie als treue Lesergemeinde ermöglichen ihn. Die beigen Urkunden sind also beiderseits gewidmet: Ihnen zur Ehre, uns zur Verpflichtung.
Danke.