Als ich klein war, glaubte ich, Geld sei das wichtigste im Leben. Heute, da ich alt bin, weiß ich: Es stimmt“. Die doch ziemlich abgebrühte Altersweisheit wird Oscar Wilde zugeschrieben.
Dieser Tage scheint der irische Poet in Polen hoch im Kurs zu stehen: Jaroslaw Kaczynski, Vize-Präsident, Scharfmacher und starker Mann in Warschau, hat jetzt eine spannende Entscheidung getroffen: Im Streit mit der EU um die Justizreform, den Kaczynski eigentlich zum ultimativen Kampf David gegen Goliath stilisiert hatte, wird er jetzt doch: nachgeben. Die umstrittene Disziplinarkammer, mit der Richter in Polen an die Leine von Kaczynskis PiS-Partei genommen werden sollen, wird doch abgeschafft. Zumindest vorerst einmal.
Plötzlich, so hört man von der Warschauer Regierung, findet man dort die eigene Justizreform doch nicht so gelungen. Der Grund für die spontanen Selbstzweifel dürfte einfacher Natur sein: Brüssel hat kürzlich den neuen Rechtsstaatsmechanismus eingeführt und Polen ultimativ mit Geldstrafen gedroht, sollte es sich nicht an die Spielregeln in Europa halten. Und auch die Auszahlung der Corona-Hilfen wird in Brüssel hinausgezögert - bis man weiß, dass die Vergabe der Gelder rechtsstaatlicher Kontrolle unterliegt.