Für alle jene, denen nach einem Jahr Coronakrise „der Schmäh auszugehen droht“, hatte Kabarettist Thomas Maurer diese Woche eine gute Nachricht parat: „Komödie ist Tragödie plus Zeit“. Mit dem süffisanten Zitat von Woody Allen schwinge nämlich die Hoffnung mit, dass alles – zumindest irgendwann – auch lustig sei. Wie vielleicht die Geschichte seines schwerkranken Vaters, mit der Maurer das Publikum in der ORF-„Tafelrunde“ unvermittelt berührte.
Der alte Herr sei 79, stark lungenleidend, übergewichtig und somit Corona-Hochrisikopatient gewesen. Bereits im vergangenen Jahr empfahl das Gesundheitsministerium, Personen mit derartigen Beeinträchtigungen vorrangig zu impfen – allerdings blieb es bei einer reinen Empfehlung. Für Maurer der typisch österreichische Weg, frei nach dem Motto: „Könntert’s ihr eventuell die zuerst impfen, die es wirklich brauchen, wenn es keine Umstände macht. Das wäre total nett.“ Seinem Vater wurde die behördliche Halbherzigkeit zum Verhängnis, er starb vor Kurzem an Covid-19. Das Gesicht des Comedians sprach Bände, als er zur „Schlusspointe“ ansetzte: „Zwei Tage später war dann eh in der Post die Benachrichtigung, dass der Papa sich zur Impfung voranmelden kann.“
Maurers Schicksal ist ein Extrembeispiel für Verzweiflung und Wut, die daraus resultieren, dass die Impfung nicht bundesweit einheitlich nach Alters- und Risikogruppen abgewickelt wurde. Unstrittig zwar, dass Heimbewohner, Pflegekräfte und medizinisches Personal prioritär zu behandeln waren und überall entsprechend vorgezogen wurden. Als es aber zu Lieferausfällen bei Biontech/Pfizer und AstraZeneca kam, passten die Länder ihre Impfpläne individuell und vielfach intransparent an. Es entstand der Eindruck, manche Berufs- und Personengruppen mit starker Lobby kämen früher als unbedingt nötig zum Zug, während schlechter vernetzte - wie die steirischen Behinderteneinrichtungen oder Kärntner Hochrisikopatienten - und gerade auch die vulnerablen Älteren das Nachsehen hatten. So wurden allein im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag 40% der ursprünglich 1.400 für Heim- und Pflegepersonal vorgesehene Impfungen anderweitig genutzt. Wo und für wen genau, bleibt bis heute ein Mysterium.
Gefühlte Ungerechtigkeiten häuften sich. Dazu kamen technische Pannen, die einer logistischen Mammutaufgabe zwar immanent, in ihrer Vielzahl aber auffällig sind. Um nur aus dem eigenen Verwandten- und Freundeskreis zu zitieren: Zwei bereits Durchgeimpfte über 80-Jährige werden erneut zur ersten Teilimpfung eingeladen. Ein gerade an Corona Genesener bekommt von der Hausärztin die sofortige Impfung angeboten. Die Einladung zum zweiten Stich ergeht an einen Herrn, der sich gerade nach einer Erstimpfung gesehnt hatte. Ein älteres Ehepaar kann seine Klassifizierung nicht verstehen, weil die Frau anstatt zur zweiten Impfung wieder zur ersten gebeten wird, während der ältere Gatte eben diese immer noch nicht hat…
Ein Vierteljahr nach ihrer Impfanmeldung warten tausende Vulnerable und Ältere weiter ungeduldig, vielfach zornig, auf eine Antwort. Diese sollte jetzt aber rasch erfolgen, wenn man den Landesbehörden Glauben schenken kann. Die Steiermark will mit Hilfe eintausend niedergelassener Ärzte und insgesamt 22 Impfstraßen bis Ende April alle über 65-Jährigen zumindest einmalig geimpft haben.Auch in Kärnten erwartet man große Mengen an Vakzinen und schätzt, diese Gruppe bis Monatsende ebenfalls mit der Erstimpfung versorgt zu haben.
Wie zum Beweis erhielt mein 80-jähriger Vater am Freitag seinen ersten Impftermin. Wenn das Impfen nun tatsächlich für alle Vulnerablen und Älteren in die Gänge käme, wäre das eine durchaus erfreuliche Osterbotschaft.