Wahlfreiheit

Klar, dass nun die SPÖ-Politiker laut nach der Ganztagsschule schreien, wenn die PISA-Ergebnisse wieder einmal nicht entsprechen. Außerdem passen Ganztagsschulen gut in unser derzeitiges gesellschaftliches Konzept: die Kinder so früh wie möglich weg von der elterlichen Fürsorge in institutionelle Betreuung zu geben und für das Erwerben von Grundkompetenzen den Staat verantwortlich zu machen. Die Ganztagsschule ist die logische Folge vom gesellschaftlichen Trend, die Kinder den ganzen Tag von außerhäuslichen Einrichtungen betreuen zu lassen, während die Eltern am Arbeitsmarkt der Wirtschaft „dienen“.
Mich interessieren die PISA-Ergebnisse nicht. Mich interessieren meine Kinder! Ich will mich nachmittags mit ihnen beschäftigen und sie auf ihrer schulischen Laufbahn begleiten. Ich bin dagegen, dass Eltern in ihrer Erziehung eingeschränkt werden, indem ihnen die Kinder am Nachmittag entzogen werden. Ich hoffe auf eine Politik, die ein Schulkonzept zustande bringt, das den Eltern die Wahlfreiheit weiterhin gewährleistet und das eine gute, solide Schulbildung am Vormittag bietet.
Gertraud Hochegger,
Dobl-Zwaring

Kurssystem
Auch die Ganztagsschule ist keine wirksame Antwort auf PISA, solange die Schüler in Jahrgangsklassen gezwängt und zum Teil Jahr für Jahr mitgeschleppt werden, wodurch sich ihre Defizite immer mehr vergrößern und sie dementsprechend frustriert ins Leben entlassen werden. Ein gut durchdachtes, jahrgangsübergreifendes Kurssystem würde auch schwächeren Schülern den Erwerb von notwendigen Grundkenntnissen ermöglichen bzw. alle könnten die ihnen offenstehenden Chancen nützen – überdies wären Klassenwiederholungen dann kein Thema mehr. Allerdings wäre dafür ein grundlegender Umbau unseres Bildungssystems notwendig und dafür sehe ich derzeit keinen politischen Willen.
Eleonore Bergmann, Graz

Zu wenig Personal
Ich bin selbst Volksschullehrerin und habe lediglich für eine Stunde in der Woche eine zusätzliche Kollegin zur Unterstützung in meiner Klasse, die sich dann um Kinder kümmert, die in gewissen Bereichen noch einzeln spezielle Hilfe benötigen. Auch ich selbst versuche, „Kinder da abzuholen, wo sie gerade stehen“, wie es von uns Pädagog/-innen immer verlangt wird. Wenn dann in den Medien aber davon gesprochen wird, dass die schlechten Testergebnisse darauf zurückzuführen sind, dass wir in der Klasse zu wenig individuell auf Kinder eingehen, ist das für uns in der Praxis Stehende nichts Neues, aber leider mit den jetzigen personellen Ressourcen nicht besser machbar.
Es ist also mehr als unfair, jedes Mal nach Veröffentlichung einer solchen Bildungsstudie einem ganzen Berufsstand Unfähigkeit zu attestieren. Vielmehr gibt es engagierte Kolleg/-innen, die das Wissen und auch die Motivation mitbringen und einzelnen Kindern, die unsere Hilfe brauchen, ganz besondere Unterstützung zukommen lassen könnten, aber leider selbst am System und der Machbarkeit scheitern. Wir haben also nicht „zu schlechte“ Lehrer/-innen im Land, sondern schlicht und einfach zu wenig Personal! Katrin Poschner, Graz

36 Schüler pro Klasse
Die Reformen der letzten Jahrzehnte im Bildungsbereich hatten immer nur die Struktur des Systems und Sparen zum Ziel. Auch das neue Autonomiepaket beschäftigt sich fast ausschließlich mit der Struktur des Systems, nicht mit dem Unterricht. Es sollen die Schülerzahlen in den Klassen und Gruppen pro Lehrer durch Wegfall der Teilungszahlen wesentlich erhöht werden.
Als Informatik- und Physiklehrer wünsche ich mir forschenden Unterricht und Laborunterricht. Das ist aber mit bis zu 36 Schülerinnen und Schülern in der Oberstufe nicht möglich. Für die Lehrerausbildung wünsche ich mir als Schulleiter nachhaltige pädagogische Konzepte zur Wissensvermittlung. Wird meine Leistung als Lehrer gemessen, dann müssen auch die Rahmenbedingungen in meiner Unterrichtsstunde stimmen. Die Schule eignet sich nur beschränkt als Reparaturwerkstatt der Gesellschaft. Da Weihnachten vor der Tür steht, noch ein Wunsch: Lernen und Wissen müssen wieder cool sein, auch für die bildungsfernen Teile der Gesellschaft.
Mag. Hans Adam, Direktor
Borg Monsbergergasse, Graz