Der türkische Präsident droht der EU, die Grenzen für Flüchtlinge Richtung Europa zu öffnen. Die Türkei ist 783.562 Quadratkilometern groß und mit 78,5 Millionen Einwohnern bevölkert. Seit Beginn des Syrienkrieges hat die Türkei 2,7 Millionen Flüchtlinge aus Syrien und 300.000 aus dem Irak aufgenommen; 285.000 Flüchtlinge leben in staatlichen Lagern, das macht zusammen 3,3 Millionen Flüchtlinge in den letzten fünf Jahren.

Die EU ist 10,2 Millionen Quadratkilometer groß, in ihr leben 743 Millionen Menschen, also mehr als das Zehnfache der türkischen Verhältnisse. Da frage ich mich, warum die EU sich vor den Flüchtlingen aus der Türkei fürchtet? Was die Türkei bisher geschafft hat, könnte man ja auch von der EU erwarten – die Erpressungsversuche des Herrn Erdogan wären damit wirkungslos.

Hermann Wilhelmer, Maria Saal

Rechtsruck aufhalten

Das Europäische Parlament hat den ersten zaghaften Versuch unternommen, Erdogan abzumahnen. Nur ist es lächerlich, mit dem Einfrieren der Beitrittsverhandlungen zu drohen, wenn diese nicht wirklich ernsthaft geführt werden. Erdogan hat alle Trümpfe in der Hand. Sollte die EU ein Ende der Verhandlungen beschließen, wird die Türkei die Grenzen für Flüchtlinge wieder öffnen. Dass dann die Türkei in eine "demokratische" Diktatur fällt, ist Gewissheit. Ungewiss ist nur, ob die Erdogan-Anhänger in den europäischen Staaten Tumulte hervorrufen und Europa sich in einem Glaubenskrieg wiederfindet. Unterstützung aus Amerika wird unter Donald Trump nicht erfolgen, ganz im Gegenteil, ein zerrüttetes Europa hilft den USA mehr als eine starke unabhängige EU.

Es liegt jetzt an den klugen Köpfen, den immer größer werdenden Rechtsruck in Europa (aufgrund der ungerechten Verteilung des Kapitals) aufzuhalten. Sonst haben wir aus der Geschichte nichts gelernt, als Populisten die Macht übernahmen, die von einer Wirtschaftskrise ausging, die die Börsen verursachte haben. Die EU hat den Friedensnobelpreis nicht umsonst bekommen!

Ernst Schiretz, St. Radegund

Grenzen schützen

Dass die Europäische Union ein wirtschaftlicher Riese ist, kann nicht geleugnet werden. Aber sicherheitspolitisch gehen wir bedenklichen Zeiten entgegen, wenn auf diesem Gebiet nicht bald etwas Substanzielles passiert. Man hat sich in sträflicher Blauäugigkeit der Türkei angedient und warnende Stimmen in den Wind geschlagen. Jetzt packt Erdogan die Trumpfkarte Flüchtlinge aus und droht, sie uns massenweise nach Europa zu schicken, weil wir uns erdreisteten, die Menschenrechte in der Türkei anzuprangern. Damit nicht genug, träumt der Despot am Bosporus von einer Wiedergeburt des Osmanischen Reiches und erhebt Anspruch auf eine Reihe von ostägäischen Inseln.

Die Europäische Union täte gut daran, selbst ernstlich über einen wirksamen Schutz der europäischen Außengrenzen nachzudenken und unverzüglich zur Tat zu schreiten.

Herbert Tischhardt, Leoben

Erdogan braucht die EU

Die Wirtschaft der Türkei ist aufs Engste mit Europa verflochten. Deshalb hat die Türkei selbst ein großes Interesse daran, dass aus der schwierigen Lage keine Dauerkrise wird. Jetzt sollte die EU mit aller Härte und Konsequenz Erdogan zu verstehen geben, dass die türkische Wirtschaft auf die EU angewiesen ist und nicht umgekehrt.

Ernst Pitlik, Wien