Ihrem Leserbrief entnehme ich, dass Sie in Ihrer Jugend durch die Kriegsgeneration, Lehrer oder Eltern Leid oder Schmerz erlebten. Sie schreiben, dass Sie trotzdem alles andere als gewalttätig sind. Nun, ich finde, dass sich diese Erlebnisse sehr wohl in Ihrem Herzen eingebrannt haben und Angepasstheit überhaupt nicht zur Aufarbeitung dieser Traumata beiträgt, auch wenn Sie es Ihren Kindern gegenüber nicht gezeigt haben. Denn wenn Sie jetzt, "Alle Strenge des Gesetzes muss sie treffen" gegenüber straffällig gewordenen Jugendlichen fordern, so sehe ich in Ihrem Herzen nach wie vor diese Wut und diese Gewalt. Auch wenn Sie nicht selbst Hand anlegen, so ist die Aufforderung, diese so hart wie möglich zu bestrafen, nichts anderes als eine generationenübergreifende Fortsetzung von Gewalt. Sie haben sie nicht durchbrochen, sondern nur in Teilen Ihres Lebens unterdrückt. Und deshalb werden diese Kinder, auch wenn sie schuldig sind, nichts anderes tun, als diese Erfahrungen (Wut, Hass, Angst) an die nächsten Generationen weitergeben.

Natürlich muss es eine Bestrafung geben, aber in einer Form, die diesen Jugendlichen die Augen öffnet, ihnen hilft, aus dieser Gewaltspirale heraus zu kommen, um diesen Generationenvertrag endgültig zu durchbrechen. Den betroffenen Opfern aber muss man ebenso die größtmögliche Hilfe zukommen lassen. Aber mit der Forderung nach "der vollen Strenge des Gesetzes zu strafen" helfen Sie niemandem.

Wilhelm Galsterer, Fernitz