Guten Morgen, geschätzte Leserinnen und Leser!

Und wieder macht sich ein Paket auf die Reise, eines gegen Kinderarmut, das wir in unserer heutigen Ausgabe im Detail präsentieren. Das neueste Hilfspaket der Regierung verzichtet allerdings auf die Gießkanne und wird ausschließlich jene mit rund 500 Millionen Euro zusätzlich unterstützen, die es am dringendsten benötigen, jene, die sozial am Rande der Gesellschaft stehen. Also ein großes Bravo? Applaus dafür, dass nun eine Familie mit vier Kindern, die Sozialhilfe erhält, pro Monat 300 Euro an zusätzlicher Unterstützung erhalten wird? Oder ist auch dieses 500-Millionen-Paket nur "ein kleines Pflaster auf einer großen Wunde", wie die Arbeiterkammer postwendend kritisiert? Eines, das nicht sicherstelle, dass "in Österreich niemand hungern oder frieren muss".

Welche Weltenda aufeinanderprallen! Da ist die Rede von Hunger, von ungeheizten Räumen und da ist gleichzeitig die Rede von "zurückgestauter Reiselust" als einer der Gründe für den erneuten Anstieg der Inflation von 9,2 Prozent im März auf 9,7 Prozent im April. Durch die erhöhte Nachfrage reiselustiger Österreicher sind Pauschalreisen, vor allem Flugtickets, im letzten Monat nochmals teurer geworden – was unter anderem zum Anstieg auf 9,7 Prozent führte. Und natürlich werden manche bereits befürchten, dass der Anreiz, eine Vollzeitarbeit anzunehmen, geringer werden könnte, wenn 300 Euro ab einem Einkommen von 2000 Euro wieder wegfallen. 

Zwei Welten? Österreich, ein Land, in dem gehungert wird? Gehungert aus Not und nicht, weil fast schon die Hälfte der Bevölkerung übergewichtig oder adipös ist? Und ein Land, in dem sich nach den Coronajahren die zurückgestaute Reiselust voll entfaltet! Die Frau eines ehemaligen Bundeskanzlers hat mir einmal im halb privaten Gespräch gesagt: "Armut gibt es in Afrika, wirkliche Armut gibt es bei uns nicht, in Österreich muss niemand hungern."

Wie auch immer – Armut hat viele Gesichter. Das gestern präsentierte Paket beinhaltet zumindest, was hoch an der Zeit war: Die Erhöhung des Schulstartgeldes und die Ausweitung der Lernplattform "Weiterlernen" mit dem kostenfreien Zugang zu Lernhilfen für benachteiligte Kinder.

Ja, das ist eine nachhaltige Investition in Kinder, eine Investition in die Zukunft der Kinder. Sofern sie genützt wird. Nicht wenige der benachteiligten Kinder bräuchten nicht nur 500-Millionen-Hilfspakete, sondern zusätzlich Menschen, die Eltern ersetzen, die den Wert von Bildung nicht kennen. Lesepaten, die ihnen vorlesen, Menschen, die ihnen erklären, was es bedeutet, ein Handwerk zu lernen oder zu studieren. Damit Lehrerinnen auf die Frage, was ein Kind werden möchte, nicht mehr die völlig ernst gemeinte Antwort eines Zehnjährigen hören: "Ich werde AMS."

Einen geruhsamen Feiertag wünscht Ihnen
Carina Kerschbaumer