Ist es gerecht, wenn sich die Höhe einer staatlichen Beihilfe danach richtet, wie hoch der reale Bedarf ist? Das ist die Frage, die sich hinter dem Streitthema „Indexierung der Familienbeihilfe“ verbirgt. Der Europäische Gerichtshof hat nun entschieden, dass das in Österreich unter Türkis-Blau eingeführte Modell zumindest nicht rechtens ist. Laut Urteil muss es für jedes Kind gleich viel Geld geben. Auch wenn die Lebenshaltungskosten etwa in Bulgarien weniger als halb so hoch sind wie in Österreich. Es zählt hier also (anders als in Lohnrunden und Inflationsdebatten) nur der nominelle Wert des Geldes, nicht seine reale Kaufkraft.

Die politischen Reaktionen auf das Urteil zeigen, wie schlampig hierzulande über Sozialfragen diskutiert wird. Sozialminister Johannes Rauch freut sich über die nun fällige Nachzahlung, weil sie die Lage von schlecht bezahlten Menschen in Pflegeberufen verbessere. Auch der Arbeitsmarkt würde profitieren. Das mag alles zutreffen. Nur war es bisher eigentlich nicht die Aufgabe der Familienförderung, Niedriglöhne aufzubessern oder Arbeitskräfte anzulocken. Familienförderung ist kein staatlicher Ergänzungslohn und keine Standort-Querfinanzierung, sondern soll Familien helfen, finanzielle Lasten zu stemmen.

Jede soziale Wohltat und jede Überweisung des Staates sind natürlich immer eine wunderbare Sache. Und den Kindern sei es, um Gottes willen, vergönnt. Denn bekanntlich gilt: „Wir sind Familie!“ Nur wird leider im allgemeinen Jubel über das Urteil (von SPÖ bis Neos) gerne übersehen, dass dadurch keineswegs „mehr Geld“ vom Himmel fällt. Sondern die begrenzten Mittel der Steuerzahler werden nur anders verteilt - nämlich in diesem Fall per Gießkanne anstatt bedarfsgemäß. Jene 220 Millionen, die jetzt nachfließen, werden entweder woanders gestrichen oder von den Bürgern zusätzlich einkassiert. Oder der Staat macht schon wieder Schulden. Das kann man politisch wollen. Aber man darf es den Wählern nicht verschweigen.

Gießkannengüsse gegen die Hitze wünscht