Kurt Vorhofer, viele JahreLeiter der Wiener Redaktion der Kleinen Zeitung, war eine imposante Erscheinung im Journalismus, kenntnisreich, skeptisch, gut vernetzt und doch distanziert. Man konnte viel lernen von ihm. Deshalb ist der vielleicht wichtigste Preis für Printjournalisten in Österreich nach ihm benannt. Gestern nahm ihn Chefredakteur Walter Hämmerle entgegen, dessen „Wiener Zeitung“ gerade akut von der Schließung bedroht ist.
Hämmerle hat in seine Dankesrede,die wir heute abdrucken, eine wichtige Beobachtung eingeflochten, die viel über die Nöte von Zeitungsleuten erzählt: „Skeptiker zu sein,“, sagte Hämmerle, „ist heute, wo sich immer mehr Menschen nach klaren Fronten sehnen, zunehmend unsexy, vor allem bei Jüngeren und all den Älteren, die noch einmal jung sein wollen. Allein schon die Möglichkeit, dass die Gegenseite vielleicht doch Recht haben könnte, ist hier für viele eine Zumutung. Die wenigsten Überzeugungstäter vertragen Widerrede.“ Das sind ungünstige Rahmenbedingungen für eine Demokratie, für den Staat und für Journalismus. Walter Hämmerle ist ein Skeptiker und deshalb hat er den Preis verdient.
Abends dann ein alter Bekannter in der ZiB 2: Christian Kern, dessen Koalition mit der ÖVP Sebastian Kurz 2017 gesprengt hat. Die Fragestellung hat er sich vermutlich ein bisschen anders vorgestellt. Ob die Aufregung über die Inseratenvergabe durch die Kurz-ÖVP nicht scheinheilig sei, wollte Armin Wolf wissen. Erfunden habe die nämlich sein, also Kerns Vorgänger an der Spitze der SPÖ und der Regierung, Werner Faymann. „Natürlich hat die SPÖ da auch eine Verantwortung“, sagt Kern „Sebastian Kurz hat ein System vorgefunden, das er perfektioniert hat.“
Dass er, Kern, noch 50 Prozent mehr für Inserate ausgegeben habe als Faymann, hält ihm Wolf vor. Kern verweist auf die Minister, von denen jeder selbst über seine Inserate entscheide. Er habe versucht, alle Inserate durch den Ministerrat zu schleusen und so genehmigungspflichtig zu machen. „Das ist verhindert worden“, sagt er. „Kurz war eine Einnahmequelle und wir eine Bedrohung.“ Warum Wien allein doppelt so viel für Inserate ausgebe wie alle anderen Bundesländer zusammen? Kern erklärt sich nicht zuständig, man einigt sich darauf, die Praxis als „Krebsübel der Demokratie“ zu bezeichnen und Medien als wichtige Infrastruktur für diese. Ob sich etwas ändern wird?
Sicher scheint immerhin, dass das Wetter noch einen Tag lang schön bleibt, genießen Sie es.
Thomas Götz