Sebastian Kurz wurde in erster Instanz schuldig gesprochen, im parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht die Wahrheit gesagt zu haben, jedenfalls nicht die volle. Von einem Richter, der in eigener, unverwandter Sache auch nicht die volle Wahrheit gesagt hat. Dieser bizarre Umstand hebt zwar nicht das Urteil auf, untergräbt es auch nicht, aber es trübt den Eindruck eines souverän agierenden Richters.
 
So souverän, wie er den Prozess gegen Kurz geleitet hat, so souverän war er als Auskunftsperson in eigener Angelegenheit nicht. Auch er hätte wie der Verurteilte frank und frei bekennen sollen: Ja, ich wurde wegen der Weitergabe einer Information, die ich als damaliger Eurofighter-Ankläger dem Zeugen Peter Pilz so nicht weiterreichen hätte dürfen, von einer Disziplinarkommission abgestraft. Das ist sehr frisch gültig, daher gehört es sich, dass ich das hier erwähne. Es war unachtsam, aber ein Naheverhältnis zum Herrn Pilz oder gar eine negative Voreingenommenheit zu dessen politischen Gegnern lässt sich daraus nicht ableiten.
 
So aber hat der Richter den Vorhalt einer Befangenheit ziemlich cool wegmoderiert und lediglich angegeben, Kontakt gehabt zu haben, nur ein Eremit habe keine. Das war ein sehr unpassender Moment, jovial zu werden. Es war auch nicht aufrichtig, und diese Unaufrichtigkeit war wohl der (verständlichen) Absicht geschuldet, den Eindruck eines in jeder Hinsicht untadeligen Vorsitzführenden zu erwecken. Eine Motivlage, die der Richter auch dem Verurteilten angelastet hat. Schein und Sein: Beide waren um ein gutes, unversehrtes Bild von sich bemüht, bemühter, als es ihnen guttat.
 
Noch einmal: Das schwächt nicht das Ersturteil, wohl aber den Richter, der es gesprochen hat. Und es gereicht der Justiz nicht zur Ehre, die hier nach innen mit verbundenen Augen agierte. Sie hätte rechtzeitig eingreifen und den Richter vor sich selbst schützen müssen. So befand und urteilte der Richter als Befangener über seine eigene Unbefangenheit.
 
Dass es so etwas gesetzlich überhaupt gibt, gibt es nur in Österreich. Hier wäre schleunigst was zu tun, für alles andere gibt es im robusten Rechtsstaat die Zweitinstanz. Das weiß hoffentlich auch die ÖVP.
 
Ihr