„Day O!“ – noch heute kann das jedes Kind mitsingen. Dabei war der „Banana Boat Song“,  zu dem dieser Refrain gehört, schon vor 67 Jahren ein Hit. Und begründete anno 1956 nicht nur den internationalen Triumphzug des Calypso, sondern aucb die Karriere seines charismatischen Sängers. Dessen Debütalbum, das passenderweise auch selbst den Titel „Calypso“ trug, gilt als erster Millionenseller eines Solo-Künstlers überhaupt.

Harry Belafonte, der am Dienstag im Alter von 96 Jahren einem Herzversagen erlag, war einer der ersten Pop-Stars dunkler Hautfarbe, gesegnet mit einer Stimme, geschmeidig wie Samt, sexy wie Salzkaramell. Von seiner karibischen Herkunft ließ er sich nie auf Ethnoklänge festlegen: Belafonte, 1927 in New York in eine Familie jamaikanisch-niederländisch-jüdischer Migranten hineingeboren, reüssierte als Crossover-Pionier auch in den Bereichen Blues, Folk und Gospel. Er sang, in 27 Studioalben, das American Songbook rauf und runter, verkaufte 100 Millionen Platten, wurde mit drei Grammys geehrt und – übrigens erst im Vorjahr – in die ehrwürdige „Rock and Roll Hall of Fame“ aufgenommen. Songs wie „Island in the Sun“, „Danny Boy“, „Hava Nagila“, „Matilda wurden in seiner Interpretation zu Evergreens.

Daneben ging sich auch eine Filmkarriere aus: Der gutaussehende Mann spielte neben Dorothy Dandrige die männliche Hauptrolle in Otto Premingers „Carmen Jones“ (1953) und vier Jahre darauf in der Romanze „Island in the Sun“. Darin war, kontroversiell für 1957, eine Liebsbeziehung zwischen ihm und seinem weißen Co-Star Joan Fontaine angedeutet. Die Hauptrolle in der Verfilmung von „Porgy and Bess“ lehnte er kurz danach ab - mit der Begründung, das Werk transportiere rassistische Stereotypen. (Die Rolle übernahm dann Sidney Poitier.)

Es folgten Bühnen- und TV-Erfolge; in der Wahl seiner Filmparts blieb Belafonte fürderhin eklektisch. Er produzierte den frühen HipHop-Film „Beat Street“, war später in Robert Altmans „Kansas City“ (1996) und in Emilio Estevez‘ „Bobby“ zu sehen. Seine letzte Filmrolle hatte er 2018 in Spike Lees „BlacKkKlansman“ – als betagter Bürgerrechtler.

Ein vielsagender Part – denn die wohl weitaus bedeutendste Rolle im Leben des Musikers, Produzenten und Filmstars war die des politischen Kämpfers: in Amerikas Bürgerrechtsbewegung und für die Einhaltung der Menschenrechte weltweit. Er war mit Martin Luther King befreundet und spendete beträchtliche Teile seines Vermögens für Amerikas Civil Rights Movement, etablierte dessen Anliegen in Hollywood und am Broadway.

Mit Freunden wie Sinatra Brando, Henry Fonda sammelte er dafür in den Sechziger-Jahren hunderttausende Dollar ein und brachte nebst Kumpels wie Paul Newman und Tony Bennett sogar den späteren ultrarechten Waffen-Befürworter Charlton Heston dazu, Kings „I have a dream“-Rede durch seine Anwesenheit breite Aufmerksamkeit zu verleihen.

Darüber hinaus engagierte sich Belafonte in der Anti-Apartheid-Bewegung Südafrikas, als Mit-Initiator von „We Are the World“ im Kampf gegen den Hunger in Äthiopien, gegen US-Interventionen wie den Irakkrieg: George W. Bushs Außenminister Colin Powell kanzelte er damals gar als dessen „Haussklaven“ ab. Auch an Amerikas erstem schwarzen Präsidenten hieß er nicht alles gut: Barack Obama zeige „zu wenig grundlegende Empathie für die Besitzlosen, egal ob Schwarz oder Weiß“ stellte er fest.

Harry Belafonte als Gast bei der Viennale
Harry Belafonte als Gast bei der Viennale © (c) APA/HERBERT P.OCZERET (HERBERT P.OCZERET)

Er selbst habe sein Leben „in einem Zustand ständiger Rebellion“ verbracht, sagte er einmal. Vielleicht sympathisierte er auch deshalb mit Diktatoren wie Venezuelas Hugo Chavez oder Kubas Fidel Castro. Auf jeden Fall sei er „kein Künstler, der zum Aktivisten geworden ist, sondern ein Aktivist, der auch Künstler wurde“, so Belafonte über Belafonte.

Starb im Alter von 96 Jahren: Harry Belafonte
Starb im Alter von 96 Jahren: Harry Belafonte © (c) APA/dpa/Thomas Schulze (Thomas Schulze)

Seinem Erfolg schadete das nicht: Bis in seine 80er trat er noch weltweit vor ausverkauften Häusern auf, auch in Österreich. Hier war er zuletzt 2011, auf der Viennale präsentierte er seine Doku "Sing Your Song". 2013 zog er sich ins Privatleben zurück. Der Künstler war dreimal verheiratet und hinterlässt vier Kinder, darunter Filmproduzentin Gina und Schauspielerin Shari.