Europäische Filmfestivals haben ein schizophrenes Verhältnis zu Hollywood – und vice versa. Neben Steven Spielberg (76), der den Ehrenpreis erhielt, ragen bei der Berlinale vor allem zwei ältere Schauspieler mit ihren neuen, verrückten Filmen aus dem Programm abseits des Wettbewerbs heraus. Die Berlinale ist seit der Übergabe von Dieter Kosslick zu Carlo Chatrian wieder etwas auf Distanz gegangen. Dennoch sind auch heuer einige US-Stars am Potsdamer Platz. 
John Malkovich (69) ist quasi Ehreneuropäer. Geboren in Illinois, kommt er vom Theater, wurde als Parade-Bösewicht berühmt und spielt immer wieder mit Vorliebe in schrägen, experimentellen Film- und Theaterprojekten – wie zum Beispiel als Jack Unterweger und in Michael Sturmingers "Casanova's Variations". Und wie in "Seneca" des Hollywood-Heimkehrers Robert Schwentke. In der Antikenfarce über den berühmten Philosophen und dessen letzte Stunden monologisiert er sich in der Titelrolle grandios arrogant die Seele aus dem Leib. Dass er selbst anders ist, wird im Gespräch klar, wenn er mit leisen, wohlüberlegten Worten über den Film und seine Liebe zu Wien spricht.  "Seneca" wird Anfang April in die österreichischen Kinos kommen.

Geraldine Chaplin und John Malkovich kamen für "Seneca" zur Berlinale
Geraldine Chaplin und John Malkovich kamen für "Seneca" zur Berlinale © APA/AFP/RONNY HARTMANN


Ein verwandter Geist ist Willem Dafoe (67), der in Rom lebt und im Kammerspiel-Thriller "Inside" des griechischen Regisseurs Vasilis Katsoupis (46) als genialer Kunstdieb Nemo brilliert. Kunst ist für immer, das ist sein Credo. Bei einem Diebstahl von fünf Egon-Schiele-Gemälden in einem New Yorker Penthouse schnappt das Sicherheitssystem zu. Nemo sitzt in diesem goldenen Käfig fest. Zum Interview mit der Kleinen Zeitung kommt Dafoe mit Schnauzer. Dieser, erzählt er, sei allerdings nicht von Dauer, sondern für einen neuen Film. Die Isolation seiner Figur hingegen sei ihm nicht fremd. Er arbeite viel, muss seine Familie oft allein lassen und sich selbst "Gesellschaft leisten". Festival-Promotion sei wichtig, um jene Filme zu fördern, hinter denen kein großes Studio steckte.