Für kreischende Fans und jede Menge Aufregung sorgte der Auftritt eines Beyonce-Doubles am Dienstag in Wien. Beyonce selbst wusste nichts von ihrer Doppelgängerin: Am Mittwochnachmittag hat sich der Radiosender Krone-Hit zu Wort gemeldet, um sich zu der Aktion zu bekennen. Man sei den ganzen Tag mit dem Double in Wien unterwegs gewesen, "um zu sehen, wie die Leute reagieren, wenn sie Beyonce zum Angreifen haben", sagte Marketing-Frau Andrea Hilber zur APA. Nachsatz: "Ohne damit jemanden auf den Arm nehmen zu wollen."

Albertina besucht. Für Empörung sorgte der Besuch des Doubles in der Albertina. Ob der Albertina-Termin vom Radiosender eingefädelt wurde oder nicht, verriet Hilber nicht. Man habe aber eine "ganz tolle, ausgezeichnete Führung von Herrn Direktor Schröder bekommen". Diesem habe man selbstverständlich "nicht schaden wollen", beteuerte sie. Auch das Management von Beyonce habe nichts von der Aktion gewusst.

Konzertkritik. Voll war sie am Dienstagabend nicht, die Wiener Stadthalle, als es galt, die zwei Gesichter der Beyonce Knowles zu bewundern. Darüber konnten auch zehn "VIP"-Sitzreihen nicht hinwegtäuschen, die vor der Bühne aufgestellt wurden und so mehr als ein Drittel des Stehplatzbereichs einnahmen. Ob es jetzt Beyonce war, die man sah, oder doch ihr Bühnen-Ich "Sasha", war über weite Strecken ziemlich egal, denn mit ihrer Mischung aus multimedialer Omnipräsenz und überladener Bühnenshow stellte sich die 27-Jährige selbst ins Abseits. Der Funke wollte auf's Publikum nie ganz überschlagen.

Getümmel auf der Bühne. "Wenn ich als 'Sasha' auftrete, bin ich selbstbewusst und sinnlich, verspüre keine Angst", sagte die Texanerin vor kurzem in einem Interview. Doch die Rolle, die sie gerne spielen würde, von der war gestern wenig zu sehen. Mitunter war es wegen des Getümmels auf der Bühne sogar schwer auszumachen, wer von all den Menschen überhaupt Beyonce war. Drei Videowände, eine davon zentral über der Bühne, und ein Aufmarsch an Musikerinnen sorgten für eine Reizüberflutung der Superlative.

Doppelt und dreifach. Nicht nur Beyoncé gibt es seit ihrem Album "I am...Sasha Fierce" doppelt, auch live musste alles mindestens zweimal da sein. So gab es in ihrer ausschließlich mit Frauen besetzten Band unter anderem zwei Drum-Sets, zwei Keyboards, drei Sängerinnen und viele mehr. Dank moderner Technik war das aber noch lange nicht alles, denn die Videowände schafften es trotzdem, noch präsenter als die Menge auf der Bühne zu sein. Hier gab es dann Beyonce noch einmal doppelt und dreifach zu sehen.

Umkleidepausen. Gesungen wurde aber auch, und neben ihren eigenen Songs gab es Stücke ihrer ehemaligen Band Destiny' s Child und von anderen Künstlern, wie etwas Donna Summers "I Feel Love", das kurz zitiert wurde. Ihre zahlreichen Umkleidepausen - sie trägt derzeit Thierry Mugler - wurden mit Hits wie "Seven Nations Army" oder "You Oughta Know" gefüllt. Segen boten vor allem die Balladen, denn da standen die mehr als zwanzig Darsteller dann endlich einmal still, um den Gesang der US-Amerikanerin sanft vibrierend zu untermalen.

Show vom Reißbrett. Beyonce selbst wollte perfekt und sexy zugleich sein, doch weder das eine noch das andere funktionierte wirklich. Sie riskierte nichts, jede noch so kleine Bewegung wirkte bei ihr einstudiert und überzeugte trotzdem nicht. So schwebte die Sängerin gegen Ende der mehr als zweistündigen Show einmal mit ungelenken Bewegungen über die Köpfe der Zuschauer - Musik vom Band komplettierte die unnatürliche Darbietung. Es war eine Show vom Reißbrett. Trotz aller Berechnung wirkte das Showkonzept wie ein unausgegorener Produktmix aus allen möglichen Genres und hinterließ den Hauch einer kalten Entertainment-Technokratie.

Mehr Mut. Die Rolle der Unnahbaren gab Beyonce erst gegen Ende kurz auf, als sie nach vorne auf die Bühne ging, das Gespräch mit dem Publikum suchte und endlich einmal allein ihre Stimme wirken ließ. Und so fragte man sich, ob ein wenig mehr Mut zur eigenen Präsenz vielleicht nicht ein besseres Konzert ergeben hätte. So war die Show nur Beliebigkeit auf hohem Niveau, garniert mit einem Zuviel von allem.