„Wir hören seit Jahrzehnten, dass das faktische Pensionsantrittsalter angehoben wird, aber es steigt nicht“, erklärte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger in dieser Woche im Interview mit der Kleinen Zeitung. Seit Mitte der 70er-Jahre stagniert es, obwohl „Männer im Durchschnitt um sieben Jahre länger und Frauen um acht Jahre“ länger leben würden. Das würde sich nicht ausgehen, deshalb fordert Meinl-Reisinger: „Wir müssen deshalb das gesetzliche Pensionsantrittsalter anheben. Diese Ehrlichkeit muss man haben.“

Pensionsalter für Frauen wird an Männer angepasst

Das gesetzliche Pensionsantrittsalter beträgt in Österreich für Männer 65 Jahre. Frauen konnten bis Ende vergangenen Jahres noch mit 60 Jahren in Pension gehen. Ab 1. Jänner 2024 wird das Regelpensionsalter für Frauen jedoch schrittweise an jenes der Männer angepasst.

Für Meinl-Reisinger reicht dies noch nicht. „Ich will, dass man im Alter würdevoll und ordentlich abgesichert ist, aber das Ganze geht nur, wenn die Leute später in Pension gehen“, stellt die Neos-Politikerin klar.

Kritik an der Forderung

Der Neos-Chefin weht für ihren Vorschlag ein kräftiger Gegenwind der Kleinen-Zeitung-Community entgegen. zumNachdenken meint etwa: „Fr. Meinl-Reisinger, bei allem Respekt, das Pensionsantrittsalter ist für alle Geschlechter bereits auf 65 Jahre angehoben geworden. Für alle, die die so sehr gewünschte Facharbeiterausbildung gemacht haben, heißt das 50 Versicherungsjahre. Das sollte dann aber schon reichen. [...]“

Benji69 übt ebenfalls Kritik: „Frau Meinl-Reisinger, warum wollen Sie eine Umverteilung von den Armen zu den Reichen? Eine Verlängerung des Pensionsalters ist genau das. Mit welcher Rechtfertigung und welcher Kenntnis tätigen Sie derartige Aussagen? Rein rechnerisch und logisch liegen Sie so etwas von falsch. [...]“

Auf Meinl-Reisingers Argument, dass die Menschen heutzutage um sieben bis acht Jahre im Schnitt länger als in den 70ern leben würden, kontert pescador : „Ja, das mag sein. Aber in welchem physischen und psychischen Zustand verbringt man diese längere Lebenszeit in den letzten Jahren? In den meisten Fällen nicht so, dass man den Ruhestand aktiv nutzen kann. Durch Anhebung des Pensionsantrittsalters verringert sich daher die Zeit, in der man die Pension auch aktiv genießen kann. Wenn man ein Leben lang gearbeitet hat, hat man das nicht verdient.“

Und GustavoGans befürchtet, dass die Leute einfach nur noch mehr Abschläge in Kauf nehmen würden: „Was Meinl-Reisinger nicht sagt, ist, dass ihr Vorschlag genau das Gegenteil von einer würdevollen Pension ist. Denn ein höheres Pensionsantrittsalter sorgt ja nicht dafür, dass die Menschen dann später in Pension gehen. Es sorgt lediglich dafür, dass die Abschläge höher werden. [...] Wenn sie in Zukunft mit 65 in Pension gehen muss, sie aber mit 60 nicht mehr kann, dann geht sie genauso mit 60 krankheitsbedingt in Pension. Allerdings mit einem Abschlag von 13,8 %. [...]“

Pension nach Beitragsjahren

Ein erheblicher Teil der Userinnen und Usern befürwortet die Idee, den Regelpensionsantritt nicht an das Alter zu knüpfen, sondern an die Beitragsjahre.

„[...] Ich wäre dafür, dass jeder nach 45 Arbeitsjahren in Pension gehen kann, ohne Abschläge. Das wäre dann für jemanden, der bis 30 die Schulbank drückt, mit 75. Wer mit 15 eine Lehre beginnt, kann mit 60 aufhören. Ganz einfach. 45 Jahre Beitragspflicht einführen und gut ist`s“, meint beispielsweise NIWO. Point of view stimmt mit ein: „Die Pension sollte den Menschen nach Beitragsjahren (z.B. 45 Beitragsjahre) und nicht nach Alter zustehen!“

ichwerdebetriebsratwerden würde die Grenze sogar noch etwas höher ansetzen: „Es geht nicht nur um das Alter. Man muss auch die Versicherungsjahre berücksichtigen und da sollten 50 Jahre wohl genug sein. Diese 50 Jahre erreichen viele mit 65.“

„Alles, was finanziert wird, muss auch irgendwo herkommen“

Es gibt aber auch Leserinnen und Leser, die der Idee der Neos-Chefin etwas abgewinnen können. Theresia Eisel-Eiselsberg sagt: „Wenn man rechnen und denken kann, kann, ja muss man diesem Vorschlag nur zustimmen! [...] Alles, was finanziert wird, muss auch irgendwo herkommen...“ VicvanHint ergänzt: „Fakt ist: Der durchschnittliche Pensionist zahlt im Laufe seines Berufslebens FÜR 16,5 Jahre Bezug ein. Allerdings verbringt er im Schnitt über 23 Jahre in Pension. Kann sich jeder selber ausrechnen, dass sich das nicht ausgeht. Daher länger arbeiten, früher abtreten oder weniger auszahlen. Vor allem auch, weil immer mehr Pensionisten immer weniger Zahlern gegenüberstehen.“

poet16 ist ebenfalls dieser Meinung, fügt aber noch einen weiteren Punkt an: „Leider hat sie mit der Berechnung bzgl. Pensionen recht. Einfach einmal die Bevölkerungsprognosen bei der Statistik Austria anschauen und jeder, der mit den Grundrechnungsarten halbwegs vertraut ist, muss auf dieses Ergebnis kommen. Allerdings wird die Erhöhung des Antrittsalters nicht ausreichen. Aus meiner Sicht wird zur Finanzierung zusätzlich noch eine Erbschafts/Vermögenssteuer notwendig sein.“

Kinderbetreuung und Ehrenamt

Ein höheres Pensionsantrittsalter hat nicht nur Auswirkungen auf die Betroffenen selbst, sondern zieht weitere Kreise, wie Userin ladygaga noch anmerkt: „Ein ganz anderer Aspekt betrifft diesbezüglich auch die Kinderbetreuung. Schon jetzt können viele Omas und Opas nicht mehr so oft bei der Aufsicht ihrer Enkelkinder behilflich sein, weil sie selber so lange berufstätig sein müssen. Und das, obwohl die Betreuungsmöglichkeiten besonders in den Ferien beschissen sind. Und auch dem Ehrenamt gehen die vielen Pensionisten ab, die viel länger im Beruf stehen müssen, und daher viel weniger Zeit für ehrenamtliche Tätigkeiten haben.“