In vielen Kommentaren der sozialen Medien kann man verschwörungstheoretische Gründe für die Wahlniederlage von Norbert Hofer lesen, wonach unter anderem das "Establishment", "die da oben", die geballte Macht aller anderen Parteien mit aller Gewalt gerade noch einmal den Sieg Hofers und der FPÖ verhindert hätten.

Warum solche Konstruktionen? Ist es so schwer zu verstehen, dass die Mehrheit der Bevölkerung – also "die da unten" – nicht wirklich Freunde von Marie Le Pen, Victor Orban oder Silvio Berlusconi, die auch Putin und Donald Trump verehren, an der Macht sehen wollen? Dass die Mehrheit der Bevölkerung keine europafeindliche, schwarz-weiß malende und andersdenkende Personen und Menschen ausgrenzende Politik wünscht? Das bedeutet ja überhaupt nicht, dass die Mehrheit der Bevölkerung mit der bisherigen Politik von SPÖ und ÖVP einverstanden ist. Sehr viele Menschen in unserem Land wollen politische Änderungen, sie wollen aber Änderungen beim politischen Stil, bei der Überwindung der unseligen Entscheidungsblockaden und des gegenseitigen Haxlstellens, somit wünscht sich die Bevölkerung Politiker, die sach- und problemorientiert arbeiten und nicht nur klientelzentriert.

Was die Mehrheit der Bevölkerung aber nicht wünscht, ist eine Änderung am System, das in den letzten Jahrzehnten Friede und Wohlstand geschaffen hat. Der Vergleich mit anderen Staaten der Welt macht sicher.

Wolfgang Reichelt, Maria Saal

Das rot-weiß-rote Signal

Mit der Wahl eines Wirtschaftprofessors zum Bundespräsidenten hat das Wahlvolk ein Signal gesetzt und Reife und Weitblick bewiesen. Das fiel in Anbetracht vielfach peinlicher und bevormundender Wahlempfehlungen nicht leicht. Wenn jedoch die Regierenden daraus den Schluss ziehen, die Mehrheit sei mit der aktuellen Lage in Österreich und der EU zufrieden, haben sie das Signal falsch verstanden. Die Wähler/innen in Italien haben mit der Ablehnung jedweder Reformen, trotz eines finanziellen Desasters Italiens, das Land und die EU an den Rand des Zerfalles gebracht.

Unserer großen Koalition bleibt nicht mehr viel Zeit, ihre Überlebenschancen nach der Wahl zum Nationalrat zu verbessern, denn der Misserfolg des unterlegenen Kandidaten bei der Besetzung des Bundespräsidenten könnte zu einem Triumph bei der Besetzung des Bundeskanzlers werden.

Heinz Dürnberger, Latschach

Von Anfang an

Entgegen den kontinuierlichen Behauptungen der Print- wie Bildmedien (Personen des "Establishment/der Elite" sind für Alexander Van der Bellen; Personen wählen Alexander Van der Bellen, um den Präsidentschaftskandidaten der FPÖ zu verhindern), möchte ich im Namen meiner Familie/meiner Bekannten deutlich klarstellen, dass wir uns – von Anfang an – ausschließlich für die Wahl von Van der Bellen entschieden haben.

Wir gehören weder zur Elite noch wollten wir Norbert Hofer verhindern. Ich (aus meiner familiären Gruppe) habe immer Van der Bellen gewählt, weil er für mich der einzige Kandidat war/ist, dem ich ohne Weiteres zutraue, unser Land innen- und vor allem außenpolitisch geschickt zu repräsentieren. Außerdem sehe ich – was die österreichische Bevölkerung betrifft – keine zweigeteilte Gesellschaft, die durch die zwei Stichwahlkandidaten Van der Bellen versus Hofer entstanden sein sollte.

Ich appelliere an alle Print- wie TV-Medien, diese oben genannten Behauptungen einzustellen, weil sie einfach nicht der Realität entsprechen. Van der Bellen ist nicht gewählter Bundeskanzler der irgendwelche "Wahlkampf-Wogen" zu glätten hat, sondern Bundespräsident, also Repräsentant Österreichs!

Mag. Elisabeth Schuh, Klagenfurt

Politische Lage und Zukunft

Nun hat Van der Bellen doch noch gewonnen. Es wurde ja wirklich alles mobilisiert, ALLE anderen politischen Parteien, die Medien, der ORF, die Staatskünstler, die Politologen, die Wirtschaft, die Bünde, das Ausland und die EU! Wenn daher Hofer trotz dieser massiven Einflussnahme trotzdem 46 Prozent erreicht hat, so lässt das wohl für die FPÖ in Zukunft Positives erahnen. Und außerdem, realistisch gesehen werden sich sowohl die Flüchtlings- als auch die Eurokrise wohl verstärkt bemerkbar machen, da ist nichts gelöst, im Gegenteil!

Auch Kern, Van der Bellen & Co. werden sich nicht ewig "verbiegen" und beschwichtigende Phrasen bringen können, nein, die Realität der politischen Vorgänge wird sie zwingen, klar Stellung zu beziehen! Da bin ich aber neugierig, wie diese ausfallen wird! Außerdem werden sich sowohl SPÖ als auch ÖVP deklarieren müssen, wo die Reise hingeht, denn dass es in beiden Parteien konträre Lager gibt, hat man ja gesehen.

Manfred Waldner, Fulpmes

Schlange Kaa

Bei dieser zweiten Stichwahl ist mir nicht nur der Großglockner, sondern auch gleichzeitig der Piz Buin vom Herzen gefallen, weil Alexander Van der Bellen neuer Bundespräsident geworden ist. Denn sein Kontrahent, Norbert Gerwald Hofer von der FPÖ, der Marine Le Pen von der "Front National" in Frankreich die Hand geküsst hat, ist ein ungebildeter ausgebildeter Rhetoriker, der mich an die bösäugelnde Schlange Kaa im Dschungelbuch erinnert, die ihre Opfer mit lispelnder und gespaltener Zunge mit den schalen Hülsenfrüchten ihrer Worte einlullt und einseift. In diesem Sinne ist Gerwald Kaa ein Demokratiewürger.

Die Schlange Kaa hat also tapfer den Kreide fressenden Wolf mit den Wackersteinen im Bauch verschluckt. "Man hat in mir einen schlafenden Bären geweckt!", verlautbarte Norbert Gerwald Hofer nach der verlorenen Wahl. Den Vorsitzenden der christlich-sozialen ÖVP, Reinhold Mitterlehner, der zwar keine Wahlempfehlung, aber seine persönliche Präferenz für Van der Bellen kundgetan hat, nannte der aufgeweckte Norbert Gerwald Hofer, der damit sicher nicht den gutmütigen Bären Balu aus dem Dschungelbuch gemeint hat, einen "Selbstmordattentäter". Submarine Le Pen war vom Handkuss Gerwald Kaas so entzückt, dass sie in heller Erregung ihren Kopf in den Nacken geworfen hat, sodass man deutlich das Zahnfleisch in ihrem Oberkiefer sehen konnte. Wir aber wollen in der Republik Österreich mit dem gefletschten Zahn-Fleisch der Le Pens nichts zu tun haben.

Josef Winkler, Schriftsteller