Amerika hat einen neuen Präsidenten, mit dem sich Europa nicht so recht anfreunden kann. Warum eigentlich nicht, er steht für „anders“. Er wird demokratische Entscheidungen treffen, und zwar im Sinne des Landes und der Bevölkerung. Beraterstab und Kongress haben starken Einfluss auf die Regierungstätigkeit des Präsidenten. Es wird keine Alleingänge geben, denn Amerika ist keine Diktatur. Die Wahlwerbung mit ihren Begleiterscheinungen ist vorbei, und alle bösen Wortfetzen und populistischen Versprechungen sind jetzt aufzuarbeiten und auszusortieren. Das amerikanische Volk hat sich für eine Richtungsänderung entschieden und erhofft sich dadurch eine bessere Lebensqualität und den propagierten Wirtschaftsaufschwung.
Unter Europas Politikern herrscht Unruhe, mitunter auch Fassungslosigkeit. Statt sich auf diese neue Situation einzustellen, werden Negativszenarien prognostiziert und eine eher düstere Zukunft vorhergesagt. Manchmal kommt es ganz anders, als man denkt.
Unsere Präsidentenwahl steht noch an, weil die Pannenwahl wiederholt werden muss. Daher keine voreiligen Schlüsse ziehen, sondern abwarten und den Volksentscheid akzeptieren. Jeder Einzelne kann sich etwas wünschen, vielleicht steht der Wunsch hinter dem Kreuzerl, vielleicht auch nicht.
Herbert Kienzl, Spittal
EU muss sich abnabeln
Der erste Schock nach der Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten der USA ist überwunden. Manche seiner Äußerungen schienen einer Doku-Soap über frustrierte Amerikaner entlehnt zu sein.
Wenn Herr Trump die Rolle in seiner Reality-Show des Wahlkampfes hinter sich gelassen hat, wird er auch unkluge Vorhaben verwerfen. Er will nicht weiter „Weltpolizist“ sein – das wäre gut für die Welt. Keiner der von amerikanischen Präsidenten angefangenen Kriege führte zu einer Verbesserung der Welt. Das aktuelle Engagement der USA in der NATO hilft zwar auch den Amerikanern, aber Europa sollte sich selbst verteidigen und dafür bezahlen. Russland gehört auch zu Europa und Putin fühlt sich durch diese NATO – nicht zu Unrecht – bedroht. Russland ist keine Regionalmacht wie von Herrn Obama behauptet und ein Verhältnis zwischen den USA und Russland auf Augenhöhe würde unter anderem die Lage in Syrien erheblich verbessern.
Wenn Europa als Weltmacht ernst genommen werden will, muss es sich von den Vereinigten Staaten abnabeln und als eine Föderation selbstständiger Staaten mit einer eigenen Politik etablieren.
Heinz Dürnberger, Latschach
Nichts aufschieben
Ohne Wertung für die Kandidaten fußt der Wahlsieg Trumps nicht auf der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, sondern auf dem System des Wahlmännergremiums (Electoral College), welches in der amerikanischen Verfassung verankert ist.
Trumps Zuspruch zur russischen Großmachtspolitik Putins verheißt nichts Gutes und lässt im schlechtesten Fall eine Auferstehung Jaltas (Krimkonferenz anno 02/45) zulasten Europas und des transatlantischen Paktes befürchten.
Bei einer vergleichbaren Zunahme der Rechtspopulisten Europas in regierungsrelevanten Positionen ist ebenfalls nichts Gutes zu erwarten. Vermutlich ein Ende der EU, mit all den negativen Folgen und ein Wiederauferstehen der Nationalismen ins Extreme, in dessen Folge Europa seine Stabilität verlieren und sich zu einem Kontinent im Chaos entwickeln würde.
Den westlichen Demokratien sei angeraten, die Probleme nicht aufzuschieben, wenn es nicht zu unerwünschten Wahlergebnissen kommen soll. Allen voran Brüssel, welches auf seine EU-Bürger wie ein Vormund mit erhobenen Zeigefinger wirkt und nicht wirklich in der Lage ist, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen.
Apollonia Kipping, Bad Kleinkirchheim