Leserbrief zu „Wird die Demokratie den Krisen standhalten, Herr Münkler?“, 26. 5.

In Ländern der liberalen Demokratie sollten wir es darauf ankommen lassen, Antidemokraten, die von „Hetzjagden“ auf Andersdenkende sprechen, von Regierungsämtern fernzuhalten. In den Köpfen vieler Menschen hat sich eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den Vorzügen einer demokratischen Gesellschaft gebildet. Die Straßen Europas werden bei Protestkundgebungen von Menschen besetzt, welche nicht den Funken von Demokratie-Verständnis in sich tragen. Da gab es bei den „Corona-Demos“ rechte Brüllorgien, in denen antisemitische Parolen zuhauf geäußert wurden. Islamisten bekunden ihre Gunst den Mördern der Hamas, während sie die Vernichtung Israels wünschen. Flankiert werden sie von irrational fehlgeleiteten linksextremen Geschichtsunwissenden.

Es ist nicht pathetisch, zu bekunden, dass 2024 ein Schicksalsjahr für die weltweite demokratische Entwicklung darstellt. Im November tritt Joe Biden als amtierender Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zur Wiederwahl an. Sollte er seinem Herausforderer unterliegen, drohen dunkle Jahre, und niemand soll sagen, die Welt hätte vier Jahre mit Trump schon einmal überstanden. Er würde dort anfangen, wo er 2020 aufgehört hat …

Insbesondere die Machthaber Russlands, Chinas und der muslimischen Welt, aber wohl auch beträchtliche Teile deren jeweiliger Bevölkerung, hassen den „Westen“ wegen dessen liberalen Grundsätzen. Ganz zu schweigen von den vielen Demokratieverächtern innerhalb Europas. Bleiben wir unserer Demokratie gegenüber wohlwollend und kritisch kontrollierend eingestellt. Lassen wir uns von Hassrednern, Heuchlern und Politikern, die zu Treibjagden auf eingebildete Feinde verleiten wollen, nicht blenden.
Mag. Siegfried Stupnig, Maria Rain

Weitere Leserbriefe zum Thema

Freiheit ist anstrengend

Die Welt ist in Aufruhr. Die vielen bestehenden Krisen ängstigen die Menschen und, wie Herfried Münkler im Interview sagt, Angst ist Gift für die Demokratie. Seit 1945 haben wir in der Annahme gelebt, dass Demokratie etwas Selbstverständliches ist und keineswegs die Gefahr besteht, diese zu verlieren. Jetzt müssen wir uns damit befassen, die Werte der Demokratie zu erkennen und dem Populismus entgegenzuwirken.

Demokratie heißt, dass die Mehrheit der Bürger eine eigene politische Urteilskraft entwickelt und diese nicht ein paar laut schreienden Akteuren überlässt. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich die Mühe machen, selbst nachzudenken, sich zu informieren und sich nicht darauf zu verlassen, was ihnen vorgekaut wird. Das ist sehr herausfordernd. Demokratie muss auch dann gelingen, wenn es gilt, Krisen zu bewältigen.

Wer sich der Freiheit entledigt, weil sie zu anstrengend ist, begibt sich automatisch in eine Abhängigkeit. Dabei müssen wir auch ständig das Gemeinwesen im Auge behalten.
Franz Reithofer, Mortantsch

Regelwerk

Viel wichtiger als zukünftige Wahlen wären längst fällige Demokratiereformen! Wir bräuchten dringend ein klares Regelwerk sowie Kontrollorgan für das verantwortungsvollste und somit mitunter gefährlichste Einflussgremium auf Lebensqualität in unserer Gesellschaft!

Zudem müsste ein politischer Amtskandidat einen allgemeinen, zeitlich beschränkten Tauglichkeitsbeleg (wie einen „Politik-Führerschein“) erbringen! Ein „sauberer Strafregisterauszug“ wäre dabei ebenso wesentlich wie grundlegende (politische) Wissenskenntnisse und vor allem keine bedenklichen Eigenschaften. Das sollte sich der Wähler von der zukünftigen Führungspersönlichkeit eigentlich als „Selbstverständlichkeit“ erwarten dürfen!
Werner Pregetter, Leoben

Kassandrarufe

Nachdem wir mit demokratischen Mitteln, also Wahlen, Parteien unsere Wählerstimmen gegeben haben, die jedoch gegen demokratische Grundwerte wie Menschenrechte, Pressefreiheit, freie Meinungsäußerung etc. verstoßen und nur auf Häme. Hetze, Diffamierung und Spaltung der Gesellschaft aus sind – werden wir „danach“ wieder aufwachen und uns entsetzt fragen, wie es denn so weit kommen konnte?

Wieder werden wir Parteien auf den Leim gegangen sein, die eine Sündenbockpolitik betrieben und uns einfache Lösungen für komplexe Fragen vorgegaukelt haben. Mit billiger Ablenkung und Polemik sind wir verführt worden, weil wir es zugelassen haben. Wieder entschieden wir uns gegen Menschlichkeit, Mitgefühl und Frieden.

Das Rad der Geschichte dreht sich weiter ...
Paula Engel, Grabelsdorf