Wie finden Sie es, dass Mammuts wiederbelebt werden sollen?
Christian Sturmbauer: Wenn wir die Molekularbiologie ansehen, ist es theoretisch denkbar, in der Praxis gibt es aber noch viele Hürden. Wir müssen uns fragen, ob es einen Sinn hat, ein einziges Individuum einer früher großen Population wieder zum Leben zu erwecken. Man muss nämlich den Aufwand bedenken, der notwendig wäre, um diesen Prozess durchzuführen. Aus einem mehrere tausend Jahre alten, toten Tier muss eine Zelle entnommen und in eine Eizelle eingesetzt werden. Das müsste eine lebende oder erst kürzlich tote Zelle sein. Sobald aber der Zelltod eintritt, brechen die inneren Membranen auf und der Abbauprozess beginnt, dadurch wird die DNA beschädigt.

Gäbe es bei Arten, die aktuell vom Aussterben bedroht sind, theoretisch ähnliche Probleme?
Wenn der Genpool unter eine gewisse kritische Grenze kommt, wird es schwierig, dass diese Art weiter bestehen kann. (Anm. der Redaktion: Wenn es zu wenige Tiere einer Art gibt, können eventuelle Mutationen nicht mehr ausgeglichen werden.) Mit den Mammuts haben wir eine Tierart, die an eiszeitliche Lebensräume angepasst ist. Diese Lebensräume haben wir mit kleinen Ausnahmen eigentlich nirgends mehr auf unserer Erde. Die Tiere könnten bestenfalls in Gefangenschaft überleben.

Fehlen neben dem passenden Lebensraum auch entsprechende Pflanzen als Nahrungsquelle?
In dem Fall sind es ja Pflanzenfresser, die sich über große Flächen bewegen. Aber nicht wie Elefanten auf trockenem Boden, sondern auf Permafrost. So wie diese jetzt beschaffen sind, sind das eher riesengroße Sümpfe, wo Methan in riesigen Mengen austritt. Das sind keine Lebensräume mehr, wo ein Mammut leben könnte. Allgemein betrachtet: Was ist der Sinn von Natur- und Artenschutz? Wir haben jetzt das Problem, dass sehr viele Arten genau an dieser Schwelle des Aussterbens stehen –auch heimische Arten. Eigentlich sind wir gefordert, zu fragen, welche Veränderungen wir bewerkstelligen müssen, damit nicht noch der bestehende Genpool von Arten und Lebensräumen verloren geht.

Welche heimischen Arten sind aktuell besonders gefährdet?
Ein großes Problem haben die Fischarten. Die heimischen Fische verlieren gerade sehr viele Lebensräume, weil sie durch energiepolitische Maßnahmen wie Kraftwerke gefährdet werden. Ein Beispiel ist der Huchen in der Oberen Mur. Es gibt nur mehr wenige, längere Fließstrecken und es besteht eine fast durchgehende Kette von Wasserkraftwerken. Es gibt nur mehr wenige Lücken mit Lebensräumen für diese Arten. Also Schotterbänke, die so in Bewegung sind, dass die Fische dort laichen können. Es gibt auch positive Beispiele: Das wäre der Kaiseradler, der in seinen Beständen lange zurückgegangen ist und sich jetzt wirklich zu erholen beginnt. Man kann also sagen, dass es schon Chancen gibt, dass Arten wieder angesiedelt werden. Wenn man also die Rahmenbedingungen erhält oder schafft, ist das im Prinzip schaffbar.

Welche Rahmenbedingungen würden die Fische brauchen?
Wir haben in Österreich viele Laufkraftwerke, die schon 50 oder 80 Jahre alt sind. Durch Modernisierung der bestehenden Anlagen, etwa mit einer geringfügigen Verbesserung des Stauraumes, könnte unglaublich viel bewegt werden - natürlich auch, wenn es um die Ökologie geht. Besonders jetzt in dieser heißen Phase, in der wir dringend und schnell Energie brauchen, sollte es außer Streit stehen, dass wir uns auf die Lebensräume konzentrieren, die wir bereits geopfert haben und diese verbessern. So wäre es einfach möglich, noch lebende Arten besser vor dem Aussterben zu schützen.