Das Material Tencel, das sich in den letzten Jahren als umweltfreundlicher Stoff für Kleidung etabliert hat, wird aus Bäumen hergestellt und ist biologisch abbaubar – so das Versprechen des Unternehmens Lenzing, das die Faser in Oberösterreich produziert. Familie Matschy, die in Frohnleiten am Hauptplatz die Boutique Lounge Cherie betreibt, unterzog das Material einem Härtetest und vergrub kurzerhand eine Hose aus Tencel im Komposthaufen im heimischen Garten.
"Da es sich um gestricktes, gefärbtes Material aus Buchenholz handelt, dachte ich mir, dass es schon ein bis zwei Jahre dauern wird, bis die Hose sich vollständig zersetzt hat", sagt Schneidermeisterin Ursula Matschy. Im April 2022 hatte sie das Kleidungsstück vergraben, im November fand die Familie nur noch das Gerüst der Hose im Kompost. "Wir haben uns schon richtig schwergetan, die Hose überhaupt noch zu finden", sagt Matschy und zeigt sich selbst beeindruckt von dem schnellen Verfallsprozess des Materials.
Kleidung nach dem "Cradle to Cradle"-Prinzip
Als Schneidermeisterin beschäftigt sich Matschy seit Jahrzehnten mit Stoffen, arbeitete unter anderem für Trachtenunternehmen wie Lodenfrey in München und Mothwurf. Mit Lounge Cherie erfüllte sich die gebürtige Steirerin, die jahrelang in München lebte, zurück in der Heimat einen Herzenswunsch und begann, ihre eigenen Kollektionen zu entwerfen. Loungewear, Pyjamas, Yoga-Funktionskleidung – komfortable Alltagskleidung machte Matschy zu ihrem Markenzeichen, und setzt dabei ausschließlich auf das abbaubare Material Tencel. "Vor allem im Sportbereich findet noch immer eine Plastikflut im Sinne der Nutzung von Polyester statt", sagt Matschy. "Auch recyceltes Polyester hat keine gute CO₂-Bilanz, da Mikroplastik durchs Waschen ins Wasser gelangt."
Von Bio-Baumwolle nimmt sie ebenfalls Abstand. "Zahlreiche Siegel werden entweder gekauft oder können schwer bis gar nicht überprüft werden", weiß sie. Aus diesem Grund geht die Unternehmerin, die ihre Designs zweieinhalb Autostunden entfernt in Kroatien produzieren lässt, auf Nummer sicher und nimmt die höheren Kosten für das aus österreichischer Feder stammende Material aus Holz in Kauf. "In einer Branche, die so verrufen ist für ihre Umweltsünden, ist mir Kreislaufwirtschaft wichtig", so Matschy, die auch Stücke nach dem "Cradle to Cradle"-Prinzip verkauft. "Neben Tencel verwenden wir biobasiertes Elastan, das ohne Erdöl produziert wird und ebenfalls schon abbaubar ist", so Matschy. Vier bis acht Prozent Elastan-Anteil haben unter anderem die Yogahosen der Schneiderin.
Voller Regenwürmer
Neben der Hose hat Matschy inzwischen auch noch ein T-Shirt im Kompost vergraben. "Als wir nach der Hose geschaut haben, war das Shirt zwar noch nicht stark zersetzt, aber voll mit Regenwürmern", erzählt Mann Günther Matschy. "Dass sich Organismen in der Nähe des Stoffes wohlfühlen, ist ein gutes Zeichen, denn wäre er schädlich, würden sie ihn meiden."