Die Blicke sind ungläubig. „Mit Skistöcken im Meer? Was soll das werden?“, fragen sich nicht nur die Spaziergänger, sondern auch die Teilnehmer der Schnupperstunde „Nordic Walking im Meer“ frühmorgens am Strand von Lignano. Die Trainerin wird nicht müde, zu beteuern, dass sich der Ganzkörper-Trainingseffekt beim Wasser-Nordic-Walking verstärkt. Mag sein und kann man machen. Aber Geschmäcker und Sportvorlieben sind verschieden.

Lignano Sabbiadoro – auf Deutsch würde der Name Lignano Goldener Sand lauten – ist vielfältiger als der Ruf der klassischen Adria-Urlaub-Touristen-Metropole. Klar, der Strandurlaub mit Kindern ist hier sicher noch immer perfekt. Party am Abend wird – je nach Corona-Maßnahmen – hier auch zelebriert. Ein Sorgenfrei-Paket mit Meer, Sonne und gutem Essen.

Aber wer in Lignano Tiefgründigeres sucht, dem sei das wohl beste Transportmittel der Stadt empfohlen – das Fahrrad. Egal ob elektrisch oder im altmodischen Muskelantrieb, die Radwege sind bestens ausgebaut. Zwischen den drei Stadtteilen Sabbiadoro, Pineta und Riviera radelt man perfekt hin und her. Ohne Ärger, ohne Parkplatzsuchen und ohne Stau – rote Ampeln muss man hier ohnehin nicht fürchten. In ganz Lignano gibt es keine einzige Ampelanlage.

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Leben, Party und Einkaufen findet man in Sabbiadoro, in Pineta heißt die Einkaufsstraße aufgrund der Architektur „Il Treno“, alles ist aber pinienbewachsen, von Zikadengeräuschen untermalt und viel ruhiger. Am ruhigsten wird es in Riviera.

In Pineta, am Rande des bischöflichen Pinienwaldes, findet sich auch das älteste Gebäude Lignanos, das aber gar nicht hier gebaut wurde. Die Kirche San Zaccaria hat man im 15. Jahrhundert neben dem Tagliamento errichtet. Doch dieser trat immer wieder über die Ufer und die kleine Kirche drohte zerstört zu werden. 1965 zerschnitt man sie deshalb in viele Teile und siedelte das kleine Gotteshaus kurzerhand um.

Der Duft der Pinien begleitet die Radler. 1,2 Millionen dieser Bäume wurzeln in Lignano – das hat sich auch bei den Zikaden herumgesprochen. Das Surren der Fahrradkette wird von ihrem durchgehenden Gezirpe völlig überdeckt. Das laute Geräusch gilt bei den meisten jedoch nicht als unangenehm – es vermittelt eben das Gefühl von Süden, Urlaub und mediterraner Welt.

Mit dem Bike kann man aber auch perfekt die Lagune erkunden: Mit dem Rad-Transfer-Boot, das über die Tourismusinformation gebucht werden kann, geht es entlang der Lagune in das historische Städtchen Marano Lagunare. Geschichte quillt hier aus jeder einzelnen kleinen Gasse der 81 vor Christus gegründeten Legionsstadt. Mit dem Rad geht es dann weiter querfeldein in Richtung des Waldes von Muzzana del Turgnano, dem Bosco Baredi/Selva di Arvonchi. Der Wald ist übrigens für seine Trüffelvorkommen bekannt.

Quer über die Felder geht es zum Weingut Albafiorita bei Latisana. Der kühle Bio-Wein, dessen Traube extra mit der Uni Udine entwickelt wurde, schmeckt nach dieser Tour besonders gut. Winzer Dino De Marchi erklärt, dass diese spezielle Sorte um 75 Prozent weniger Spritzmittel braucht. Da geht sich locker noch ein Glaserl aus, bevor es nach Palazzolo Dello Stella geht, zur Bilancia di Bepi.

Daniele hat die Fischerei von seinem Großvater Bepi übernommen. Das entzückende, alternativ anmutende Reich hält die traditionelle Fischereimethode mit Senknetzen (Bilancia genannt) am Leben. Die Fischerhütte ist gespickt mit Erinnerungen.

Danieles Großvater hatte hier auch prominenten Besuch: Ernest Hemingway mit seiner vierten Frau Mary. Lignano schenkte dem Künstler einst sogar ein Grundstück, weil man ihn – ob des Promifaktors – lieber hier gehabt hätte als in Florida, mit dem der Schriftsteller Lignano gern verglich. Aber Hemingway schenkte es zurück und nächtigte lieber bei Freunden wie Bepi, als sich eine Lignano-Villa zu bauen.

An der hauseigenen Schiffsanlegestelle wartet schon das Boot. Die Räder werden wieder verladen und man genießt die Fahrt durch das Naturschutzgebiet der Stella, vorbei an diversen Wasservögeln, wogendem Schilf und den traditionellen Casoni, den Fischerhäusern der Lagune, zurück nach Lignano.

Nach dem stillen und beschaulichen Ausklang gelüstet es tatsächlich wieder ein bisschen nach Spaß und Action. Der Sunnyboy vom SUP-Center kann in diesem Fall zum Glück weiterhelfen. Stand-up-Paddeln ist mindestens so sehr Ganzkörper-Workout wie Nordic Walking am Strand. Und auf dem Mega-SUP, das für bis zu acht Personen Platz hat, zeigt sich der wahre (Ruder-)Takt der Freundschaft.

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